Sonett 12

Wenn sie erscheinet unter andern Schönen,
     Und Amors Huld im schönen Antlitz zeiget,
     Dann, wie vor ihr sich jede Schönheit beuget,
     So wächst in mir das liebevolle Sehnen.

Den Ort, die Stunde seegn’ ich dann mit Thränen,
     Wo meinem Blick dieß Wunder sich gezeiget.
     Ich sage mir, zum Dank das Herz geneiget,
     Geehrt bin ich vor allen Erdensöhnen.

Von ihr hab’ ich die liebenden Gedanken,
     Die zu dem höchsten Gute mich erheben.
     Und wenig achten, was der Mensch begehret.

Von ihr kommt’s, daß kein Opfer irrd’scher Schranken,
     Zur Sonn’ empor des Geistes Flügel schweben,
     Daß stolze Hoffnung meine Seele nähret.

Collection: 
Translator Simple: 
Carl Streckfuß
1804

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Von Amorn zum gewohnten Ort gekehret,
     Stand ich wie einer, der gefaßt zum Streiten,
     Sich vorsieht, sich umschanzt von allen Seiten,
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Ich wandte mich, und staunte süß bethöret,
     Sah...

Weh mir, den Amors harter Angriff findet.
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     Hin kehr’ ich, wo ich sah die Funken strahlen,
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     Wie wenn...

Als Cäsar einst aus des Verräthers Hand
     Des großen Feind’s geehrtes Haupt empfangen,
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Und Hannibal, als nun sein Vaterland
     Das grause...

Das goldne Haar, gelößt den sanften Winden,
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Auf ihrem Antlitz Mitleid aufzufinden
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Zum alten Kerker hat mich neu geführet
     Amor, mit der Verheißung Schmeichellaut,
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     Doch floh ich aus der...