Hätt' ich Dich, o hohe, süße Liebe,
Sollte And'res nie mein Herz begehren!
Nicht des Wissens schwererrung'ne Schätze!
Nicht des Glückes, nicht des Reichthums Gaben,
Nicht das Lob der Welt, so vielgepriesen!
Du! Du wärest dann mein Ein und Alles!
In Dir fänd' ich jedes Glückes Krone!
Hätt' ich Dich, o hohe, süße Liebe,
Würde bald mein sieches Herz gesunden!
Du entbrennst nicht, wenn die Welt mit Unrecht,
Wenn mit Trug und Hohn sie Dir begegnet!
Unparteiisch reichst Du Freund' und Feinden
Von des eignen Lebens Götterfülle!
Friede ist mit Dir, und sanftes Dulden.
Hätt' ich Dich, o hohe, süße Liebe,
Würd' ich keines Dornes Spitze fühlen!
Keine würde mir den Fuß verwunden!
Krankheit, Leiden würd' ich gern ertragen,
Stolz, der Liebe Jünger mich zu nennen;
Würde nimmer zagen, nimmer weinen,
Denn mit Dir ist Kraft und starker Wille!
Hätt' ich Dich, o hohe, süße Liebe,
Wäre mein der Himmel schon auf Erden!
Engel würden mich als Schwester grüßen,
Und den Vater würd' ich fühlen, schauen,
Ein's mit seinem Sohn und Ihm auf ewig!
Ach, wie sehn' ich mich nach Dir, o Liebe!
Reiche mir den Trank des ew'gen Lebens!
aus: Gedichte von Agnes Franz
Erste Sammlung Zweite Auflage Essen 1836