Was weckst du mich auf in der thauigen Nacht,
Du sehnsuchtflötende Nachtigall?
Nun ist mit deinem melodischen Schall
Auch ein Widerhall
Vergangenen Glücks erwacht.
Wie heute schlugst du im Lindenbaum ...
Ich herzte und küßte mein rosiges Kind;
Die Saiten der Liebe erbebten gelind
Wie Harfen im Wind ...
O seliger Maientraum!
Und als ich gekommen nach manchem Jahr,
Da schwammen in Thränen die Aeugelein blau,
Der Lenz in dem Herzen, der Lenz auf der Au
War hin, weil ein Thau
Auf beide gefallen war.
Was lockst du mich wieder mit dunkler Gewalt,
Mit Lügen von Lenz und von Liebeslust?
Da längst doch verdorrt in der eigenen Brust
Der schwellende Blust
Und die jubelnden Lieder verhallt.
O Nachtigall, flötend im Lindenbaum!
Der Frühling vergeht und die trügende Gunst
Der Götter ... Was soll uns die fröhliche Kunst?
Die Liebe ist Dunst
Und das flüchtige Leben ein Traum.