[44] Mein Freund.
Als ich jüngst im Garten wandelte,
Ward mir unverhoffte, tiefe Freude:
Aus dem tiefen Dunkel wirrer Zweige
Winkten mir zwei Blumen wie zwei Augen.
5 Näher trat ich, durchs Gebüsch mich...
[44] Mein Freund.
Als ich jüngst im Garten wandelte,
Ward mir unverhoffte, tiefe Freude:
Aus dem tiefen Dunkel wirrer Zweige
Winkten mir zwei Blumen wie zwei Augen.
5 Näher trat ich, durchs Gebüsch mich...
„Theurer Freund! Was soll es nützen,
Stets das alte Lied zu leiern?
Willst du ewig brütend sitzen
Auf den alten Liebes-Eiern!
5 Ach! das ist ein ewig Gattern,
Aus den Schaalen kriechen Küchlein,
Und sie piepsen und sie flattern,
Und du sperrst sie in ein Büchlein!“
Theurer Freund, du bist verliebt,
Und dich quälen neue Schmerzen;
Dunkler wird es dir im Kopf’,
Heller wird es dir im Herzen.
5 Theurer Freund, du bist verliebt,
Und du willst es nicht bekennen,
Und ich seh’ des Herzens Gluth
Schon durch deine Weste brennen.
O Freund, Du spinnst mich in Asche,
Ich rinne, ein grauer Tag
Um die Blüte des Chaos,
Die uns frühlingswirr küßte.
O mein Freund. (S. 50)
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Ja grüße, Freund, mein Mädchen,
Hast du zu wandern vor:
Du kommst wol durch ihr Städtchen,
Da wohnt sie gleich im Thor.
O Freund, da hat mein Liebchen -
Wenn ich sie nicht verlor -
Ihr kleines feines Stübchen
Hoch überm Brückenthor.
Es trägt das schmucke Weibchen...
Einmal, mein Freund, wirst du mich sehen,
wie Gott mich kennt, der mich erschuf:
An jenem Tage, da sein Ruf
mich heißt an dir vorbei zu ihm zu gehen.
Auf diesem Wege, dem du nicht das Ziel,
darf auch vor deinem Blick sich offenbaren,
was das Gewand verhüllte, das dann fiel.
Und du wirst...
Mein Freund, du hast unzählige Gestalten;
Ein Proteus, unerschöpflich wandelbar,
Erscheinst du mir, und staunend nehm ich wahr,
Wie viele Formen sich an dir entfalten.
Bald zeigst du dich bedächtig wie die Alten,
In unversiegter Jünglingsfrische dann,...
Täglich durft' ich sonst Dich schauen,
Deiner lieben Nähe mich erfreun,
Jedem Tag das stille Glück vertrauen,
Morgen, wußt' ich, mußt' es sich erneu'n!
Keinen Gruß bringt nun die weite Ferne,
Keinen Blick die todte Nähe mir,
Und kein Himmel trägt die alten Sterne,
Die mir einst so hell...
Seitdem du mich verließest, denke ich dich immer.
Wenn ich die Augen schließe, sehe ich dein Bild ...
So nah und wirklichschön als ob kein Raum uns,
Keine Städte trennten.
Bei meiner Kerze sanftem Schimmer
Trittst du ganz leise, leise in das Zimmer ......
Du bist sehr fern,
der Raum, der unsere Blicke trennt
ist nicht in einem Tag
zu überbrücken.
Nur meine Sehnsucht ist so stark,
daß sie mich kühn
in deine Nähe trägt.
Ich sehe dich
in deines Turmes Einsamkeit,
im kreuzgewölbten Abendzimmer.
Wie eine kleine Gottheit...