• Wie trank ich Becher voll Sirenenthränen,
    Gebraut in Kesseln voller Höllengraus,
    Da Furcht und Hoffnung abwechselnd mich höhnen,
    Gewinn ich mißte, denn ich sah voraus!
    5 In welchem Irrthum war mein Herz befangen,
    Da es gedacht, so würd’ es nie beglückt!
    Wie hat mein Aug’ an andrer Sphär’ gehangen,
    In dieser tollen Fiebergluth entzückt!
    O...

  • Sei weise wie du grausam bist, und quäle
    Nicht meine stumme Ruh’ mit bitterm Hohn,
    Daß Gram nicht Wort mir leih’, und ich erzähle,
    Welch’ schonungslose Schmerzen mich bedroh’n.
    5 Darf Witz ich lehren dich: so wär’ es besser,
    Wenn du nicht lieben kannst, doch Lieb’ zu heucheln,
    Wie bangen Kranken, nah dem Todesmesser,
    Mit der Genesung Trost die...

  • Nicht meine Augen sind von Lieb’ entflammt,
    Da tausend Mängel sie an dir erspäh’n;
    Allein es liebt mein Herz, was sie verdammt,
    Dem Blick zum Trotz muß Liebe es erfleh’n.
    5 Mein Ohr kann deiner Stimme Laut nicht reizen,
    Zu schnödem Tasten kein Gefühl sich rührt,
    Geschmack nicht noch Geruch danach je geizen,
    Daß Sinnenschmaus zu dir allein sie...

  • Lieb’ ist mein Fehl, dein Haß ist Tugendsinn,
    Haß meiner Sünd’, gehegt in sünd’ger Lieb’;
    Doch stellst mein Thun du neben deines hin,
    Nicht findest du, daß Tadel auf ihm blieb;
    5 Und wenn: nicht tadel’ es mit deinem Mund,
    Der seinen Purpurschmuck hat frech entwürdet,
    So oft als mein, zu falscher Lieb’ Urkund’;
    Und fremdem Bette Zins hat...

  • Wie eine Hausfrau sorglich eilt, zu fangen
    Ein Federvieh, das fort ihr ist gerannt,
    Ihr Kind hinsetzt, um hurtig zu erlangen
    Das Wesen, das ihr Eigenthum genannt,
    5 Während ihr ungehütet Knäblein schreit,
    Daß bei ihm bleibe sie, die voller Sorgen,
    Der Flüchtling könnte leicht wohl flieh’n zu weit,
    Ihr Kind verläßt, das gänzlich ungeborgen;...

  • Zwei Wesen sind’s, voll Trost und Zweifels Bann,
    Die, Geistern gleich, mich führen durch die Welt,
    Der beßre Engel ist ein schöner Mann,
    Der bösre Geist ein Weib, von Farb’ entstellt,
    5 Das Sündenweib, um mich zur Höll’ zu raffen,
    Lockt meinen bessern Geist von meiner Seite,
    Den Heil’gen möcht’ zum Teufel um es schaffen,
    Daß schnödem Stolz der...

  • Kannst, grausam, sagen du, ich lieb’ dich nicht,
    Da deine Seit’ ich nehme gegen mich?
    Denk’ ich nicht dein, wenn gegen mich die Pflicht
    Ich selber mir verweigre, nur für dich?
    5 Wer hasset dich, der mir noch Freund geblieben?
    Wem zürnst du, dem ich zugewandt mein Herz?
    Wenn du mir grollst, hab’ ich nicht selbst betrieben
    Die Rach’ am eignen...

  • Dem Mund, auf dem die Liebe blühte,
    Entfloh das bittre Wort: „ich hasse“,
    Zu mir, der schmachtend nach ihr glühte.
    Doch sieht sie kaum, daß ich erblasse,
    5 Als Mitleid schnell durchzieht ihr Herz;
    Sie straft die Zunge, welche zart
    Sonst nur gewohnt war sanften Scherz,
    Und lehrt sie Grüße andrer Art.
    „Ich hasse“ änderte der Schluß,
    ...

  • Des sünd’gen Leibes Mittelpunct, o Seele,
    Genarrt durch deiner trotz’gen Diener Pracht,
    Wie duldest du’s, daß dir die Nahrung fehle,
    Da, so geschmückt, die äußre Hülle lacht?
    5 Da du so arm, warum so viel verwenden
    Auf des baufäll’gen Hauses äußern Schein?
    Willst du’s für Würmer also schön vollenden,
    Die dich beerben? kann dein Ziel das sein?...

  • Mein Lieben gleicht dem Fieber, strebend immer
    Nach dem, was Stoff der Krankheit muß verleih’n;
    Es lebt von dem, was macht die Krankheit schlimmer,
    Folgend dem fiebrischen Gelüst allein.
    5 Vernunft, der Arzt der schweren Liebespein,
    Voll Zorn, daß man nicht hört auf sein Gebot,
    Verläßt mich, und verzweifelnd seh’ ich’s ein,
    Begierd’ ist – und da...