• Ich und mein Freund, wir saßen einmal
    in einem menschenheißen Weinlokal;
    zwei Tisch weit neben uns saßen
    ein Herr und eine Dame, offenbar
    5 – den Ringen nach – ein jüngeres Ehepaar,
    deren Blicke sich manchmal vergaßen.
    Mein Freund sah weg, wir lächelten eigen,
    wir schwiegen unser bestes Schweigen.

    Der Gatte nahm jetzt die Speisekarte,...

  • [119] Venus Consolatrix.
    Dann kam Stern Lucifer; und meine Nacht
    erblaßte scheu vor seiner milden Pracht.
    Er schien auf meine dunkle Zimmerwand,
    und wie aus unerschöpflicher Phiole
    5 durchflossen Silberadern...

  • Ja, die heilige Familie ...
    Josef — Maria — —
    — — — — — — — —
    denn das Esulein freute sich eben
    5 an dem Heuduft einer trockenen Lilie.

    — — — — — — — — — —
    — — — — — — — — —
    — — — — — — —
    — — — — — — — —
    10 — — — — — — — — —

    [...

  • Aller Wunder wundersamstes,
    länger trug’s die Seele nicht.
    Ihre großen Thränen strömten
    über dein und mein Gesicht.

    5 „Nur für dich!“ ein Flehn, ein Stammeln
    schluchzender Verkündigung;
    und mir keimte deine Lilje
    aus dem Schooß der Dämmerung.

    Doch es wuchs, es hob die Blüte
    10 ihr befeuchtetes Gesicht,
    bis wir ahnten und...

  • Ich träume oft von einer bleichen Rose.
    Hell ragt ein Berg; sie blüht in seinem Schatten,
    zum fernen Lichte schmachtend, mit dem matten
    dem Blumenblick, aus ihrem dunklen Loose.

    5 [210] Dann bangt sie mich; tief stockt mein...

  • Bettle nicht vor mir mit deinen Brüsten,
    deinen Brüsten bin ich kalt;
    tausend Jahre alt
    ist dein Blick mit seinen Lüsten.

    5 [225] Sieh mich an, wie Du als Braut gethan:
    mit dem Blick des Grauens vor der Schlange!
    ...

  • Aus Mannesadel wächst des Weibes Tugend;
    er träumt ein Ziel, sie soll es ihm gebären.
    Des Griechen Schönheitsinbrunst sah die Sphären
    beherrscht von Aphroditens Reiz und Jugend;

    5 [217] dem Christen aber ward die Reinheit...

  • Träume, träume, du mein süßes Leben,
    von dem Himmel, der die Blüten bringt;
    Blumen winken da, die beben
    von dem Lied, das deine Mutter singt ...

    5 Träume, träume, Knospe meiner Sorgen,
    von dem Tage, da die Blume sprießt,
    von dem hellen Blütenmorgen,
    da dein Seelchen sich der Welt erschließt ...

    Träume, träume, Blüte meiner Liebe,...

  • Der Himmel gähnt, der Tag ist auferstanden,
    ich habe nun genug geschaut nach Osten;
    die Seele will in ihren Abendlanden
    Vollendung kosten.
    5      An dem Thor des neuen Evagartens
         steht ein knöchernes Gerippe,
         mit dem Ausdruck des Erwartens,
         aber nicht mehr in der Faust die Hippe.
    Sein Scheitel schimmert; eine Pfauenfeder...

  • Eine rote Feuerlilie schreitet
    riesig durch die Weltennacht.
    Von der Sonne bis zum Sirius breitet
    sich ihr Scharlachkelch. Der Schacht
    5 des gezähnten Schlundes kocht von Gluten,
    düster flammt des Rachens Zackenfirne;
    um die wirbelnden Gestirne
    schlingt sie hungrig ihre Samenruten.

    Gelb aufzüngelnd schlürft sie die getrennten
    10...