• Warum müssen meine Hände welk werden
    Vom langen Warten!
    Warum bringst du mir nicht deine Wunder
    In die umflorten Dämmerstunden wieder,
    Wo meine Sehnsucht hungrig hockt!
    Wo blüht dein Schoßhaar weichgelockt,
    Wo gibst du dich mit Heilandes Gebärden -
    O zaghaft zarten! -
    Und windest Wunder...

  • Wie sehr ich die Natur und jhren Lauff erwege/
    O bittersüsses Thier/ wie ich denn offtmals pflege/
    So find ich nichtes nicht/ daß ich euch mehr komme bey/
    Als wie ein Biene thut: seht ob es unrecht sey.

    Die Bienlein haben was/ warumb wir sie hoch schätzen/
    Die Bienlein haben auch damit sie uns verletzen:...

  • An Julie Gr. z. M. M.
    statt des versprochenen Myrtenkranzes

    Noch sah ichs nimmer, und - fürwahr! fürwahr!
    Ich hoff' es nie, ich wünsch' es nie zu schaun,
    Das Wesen, das ein Menschenantlitz trägt,
    Und das...

  • Seht die sanfte Minna, seht,
    Wie sie da so reizend steht!
    Wie sich alles zu ihr drängt,
    Und an ihren Augen hängt!

    Ihres Lob's ist jeder voll.
    Wissen möcht' ichs wirklich wohl,
    Was ihr diese Reize giebt,
    Und warum man sie so liebt?

    Was man schön heißt, ist sie nicht:...

  • Schaw, mensch! hie werden fürgestelt
    Vier treffenlicher man, gefelt
    Durch frawen-lieb, betrogen schendtlich,
    Dardurch all vier sie kamen endtlich
    Von hohem lob, tugendt und ehr,
    Von heyligkeyt, weyßheyt und leer
    Zu schandt, laster, sünd und torheyt,
    Zu schmach biß in künfftige zeyt.
    Der erst...

  • Der Mann, der liebt, muß zum Verbrecher werden;
    Er wird zum Dieb an der, die er begehrt;
    Das Höchste stiehlt er schamlos der Geliebten,
    Und trotzdem ist nur sie, nicht er entehrt.

    Aus: Carl Sternheim Gesamtwerk
    Band 9: Unveröffentlichtes Frühwerk II...