• Über deine Augenlider
    zärtlich sacht
    strich mit weichem Flaumgefieder
    der Wundervogel der Nacht.

    Seine grossen grünen Schwingen
    sind von Träumen schwer.
    Horch: er will singen
    von Palmenwäldern und seltnen süssen Dingen·
    weit weit kommt er her ......

  • Ich gab mein Herz einem blonden Kind.
    Sie nahm's und lachte.
    Ich wußte nicht, wie Kinder sind,
    ich freute mich und dachte:
    "Nun legt sie's zärtlich in den Schrein
    und wird's verwahren."
    Sie aber warf's in den Tag hinein:
    der Stundenwagen fuhr polternd drein -
    da ward es überfahren....

  • Lautlos tanzt ein Mückenschwarm
    wirbelnd in der Sonnenschräge·
    kommt ein Lied im Lindenduft
    sonntagabend bang und träge
    durch die laue weiche Luft
    leise her aus den Alleen
    wo die jungen Mädchen gehn
    Arm in Arm ...

    Aus: Richard...

  • Und aus der tiefen dunkeln Nacht
    beladen schwer mit Schweigen
    bin ich im grossen Licht erwacht:
    verwunden Traum und Schwüle·
    die grünen Blätter schwanken
    in klarer Morgenkühle
    und tau-beseligt neigen
    die Rosen sich und danken·
    die Welt steht hell in Gnaden.
    Nun Herz tu ab dein...

  • Ich bin nun ganz dein eigen und noch mehr:
    mit deines jungen Lebens Last beladen·
    der Schatten deiner Seele schon ist schwer
    wenn Tränen deine lieben Augen baden.

    Aus: Richard Schaukal Ausgewählte Gedichte
    Erschienen im Insel-Verlag Im Jahre 1904 (S. 34)
    ...

  • Dein Bild aus frühern Tagen
    das ich so lange trug:
    ich kann mich nicht genug
    nach seinen Zügen fragen.

    Du bist mir so vertraut
    dass die Vergangenheiten
    sich dicht wie Schleier breiten
    um eine Perserbraut.

    Nur denken darf ich mich
    in jene fernen Stunden...

  • Dir

    Noch hat es viele Möglichkeiten·
    dies unser Leben ist so reich!
    Lass uns vertrauend weiterschreiten
    in hoher Sonne Strahlengleiten:
    was kommen mag wir tragen gleich.

    Und unsrer Liebe gutes Zeichen
    ist über unsern Pfad gestellt·
    das leuchtende darf nicht erbleichen:
    das...

  • Lass, Vertrauteste, zusammen
    uns den steilen Pfad ersteigen:
    meine Sehnsucht wird in Flammen
    wallend uns die Wege zeigen.

    Schatten schleichen in den Talen,
    drücken auf die dumpfen Tage.
    Mich verlangt nach heissen Strahlen,
    der ein heisses Herz ich trage.

    Nebelt's...

  • Ich möchte die Schönheit in mich trinken,
    die Schönheit, die schon meiner harrt.
    Wo bleibst du, sagt sie, ich steh erstarrt,
    und ich will erweichen und will versinken
    in eine lebende Gegenwart,
    ich will in einen untertauchen,
    der mich nicht allen andern zeigt,
    der mich verschlingt und mich verschweigt,...

  • Sehnend schau ich hinaus:
    riefst du mich, liebliche Seele?
    Bang in der hämmernden Kehle
    fühl ich das lastende Haus.

    Schwingen wachsen mir schon.
    Seele, Seele, ich nahe!
    Dass ich dich wieder empfahe,
    kündets der bräutliche Ton?

    Wellen heben empor
    sich aus...