Ich möchte die Schönheit in mich trinken,
die Schönheit, die schon meiner harrt.
Wo bleibst du, sagt sie, ich steh erstarrt,
und ich will erweichen und will versinken
in eine lebende Gegenwart,
ich will in einen untertauchen,
der mich nicht allen andern zeigt,
der mich verschlingt und mich verschweigt,
aus seinem Atem will ich hauchen
und wie vergangen in ihm ruhn,
auf dass er mich erst wieder dichte,
ich will in seinem Augenlichte
und auferstehn in seinem Tun.
Denn diese, die da suchend schleichen,
sich bücken, näher mich zu sehn,
und mich umwandeln auf den Zehn,
mich messen und mit sich vergleichen,
ach, alle diese sind wie Diebe,
ihr Blick, wenn er sich hebt, entweiht.
Ich aber bin alt wie die Zeit
und unbesiegbar wie die Liebe
und gross wie Gottes Schöpfersinn,
und weil ich unermesslich bin,
will ich in einem untergehn,
der unersättlich ist an mir,
nicht ein getragenes Panier,
nicht eine Helm- und Panzerzier,
als eine Flamme will ich wehn
aus ihm für mich und er aus mir.
Aus: Richard Schaukal Buch der Seele Gedichte
Bei Georg Müller München & Leipzig 1908