• Wohl magst du meinem Mißgeschicke grollen,
    Der Göttin, die verschuldet meinen Fall,
    Zum Leben wollt’ sie mir nichts Beßres zollen,
    Als feile Kunst mit feiler Sitten Wahl.
    5 So trägt mein Name der Beschimpfung Brand,
    So zeigt erniedrigt tief mein ganzes Leben
    Des Schmachgewerbes Spur, wie Färbers Hand;
    Ach, könnt’ dein Beileidswunsch mir Andres...

  • Du heilst mit Liebeswort die Schmerzenswunde,
    Die auf die Stirn’ mir Pöbellust gebrannt.
    Sei gut, sei schlecht mein Ruf in Aller Munde,
    Wenn gut, wie schlimm dein Herz mich hat erkannt.
    5 Du bist mein All! zu wissen muß ich streben,
    Ob mir dein Lob, ob deine Schmach gebührt;
    Ich kann für Keinen, Keiner für mich leben,
    Der den gestählten Geist...

  • Seit fern ich von dir, ist mein Aug’ im Sinn;
    Was leitend mich auf meinen Wegen richtet,
    Hat seine Kraft getheilt, ist blind dahin,
    Scheint sehend zwar, doch ist es ganz vernichtet.
    5 Denn nicht dem Herzen kann es übergeben
    Die Form, die Blum’ und Vogel dar ihm stellt,
    Den Geist berühret nicht im flücht’gen Weben
    Das Bild, das kaum Beschauung...

  • Ob es mein Sinn ist, der, mit dir gekrönt,
    Den gift’gen Herrschertrank schlürft – Schmeichelei?
    Ob mich mein Auge wirklich nicht gehöhnt,
    Dem Zauberkunst dein Lieben brachte bei,
    5 Umformend, was Natur hat mißgestaltet,
    Zu Cherubim, die deinem Wesen gleich,
    Vollendetes aus Schlimmem sich entfaltet,
    Wie es gelangt in seines Strahls Bereich?...

  • Wie trank ich Becher voll Sirenenthränen,
    Gebraut in Kesseln voller Höllengraus,
    Da Furcht und Hoffnung abwechselnd mich höhnen,
    Gewinn ich mißte, denn ich sah voraus!
    5 In welchem Irrthum war mein Herz befangen,
    Da es gedacht, so würd’ es nie beglückt!
    Wie hat mein Aug’ an andrer Sphär’ gehangen,
    In dieser tollen Fiebergluth entzückt!
    O...

  • Sei weise wie du grausam bist, und quäle
    Nicht meine stumme Ruh’ mit bitterm Hohn,
    Daß Gram nicht Wort mir leih’, und ich erzähle,
    Welch’ schonungslose Schmerzen mich bedroh’n.
    5 Darf Witz ich lehren dich: so wär’ es besser,
    Wenn du nicht lieben kannst, doch Lieb’ zu heucheln,
    Wie bangen Kranken, nah dem Todesmesser,
    Mit der Genesung Trost die...

  • Nicht meine Augen sind von Lieb’ entflammt,
    Da tausend Mängel sie an dir erspäh’n;
    Allein es liebt mein Herz, was sie verdammt,
    Dem Blick zum Trotz muß Liebe es erfleh’n.
    5 Mein Ohr kann deiner Stimme Laut nicht reizen,
    Zu schnödem Tasten kein Gefühl sich rührt,
    Geschmack nicht noch Geruch danach je geizen,
    Daß Sinnenschmaus zu dir allein sie...

  • Lieb’ ist mein Fehl, dein Haß ist Tugendsinn,
    Haß meiner Sünd’, gehegt in sünd’ger Lieb’;
    Doch stellst mein Thun du neben deines hin,
    Nicht findest du, daß Tadel auf ihm blieb;
    5 Und wenn: nicht tadel’ es mit deinem Mund,
    Der seinen Purpurschmuck hat frech entwürdet,
    So oft als mein, zu falscher Lieb’ Urkund’;
    Und fremdem Bette Zins hat...

  • Wie eine Hausfrau sorglich eilt, zu fangen
    Ein Federvieh, das fort ihr ist gerannt,
    Ihr Kind hinsetzt, um hurtig zu erlangen
    Das Wesen, das ihr Eigenthum genannt,
    5 Während ihr ungehütet Knäblein schreit,
    Daß bei ihm bleibe sie, die voller Sorgen,
    Der Flüchtling könnte leicht wohl flieh’n zu weit,
    Ihr Kind verläßt, das gänzlich ungeborgen;...

  • Zwei Wesen sind’s, voll Trost und Zweifels Bann,
    Die, Geistern gleich, mich führen durch die Welt,
    Der beßre Engel ist ein schöner Mann,
    Der bösre Geist ein Weib, von Farb’ entstellt,
    5 Das Sündenweib, um mich zur Höll’ zu raffen,
    Lockt meinen bessern Geist von meiner Seite,
    Den Heil’gen möcht’ zum Teufel um es schaffen,
    Daß schnödem Stolz der...