[12]
MELANCHOLIE DES ABENDS
— Der Wald, der sich verstorben breitet —
Und Schatten sind um ihn, wie Hecken.
Das Wild kommt zitternd aus Verstecken,
Indes ein Bach ganz leise gleitet
5 Und Farnen...
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MELANCHOLIE DES ABENDS
— Der Wald, der sich verstorben breitet —
Und Schatten sind um ihn, wie Hecken.
Das Wild kommt zitternd aus Verstecken,
Indes ein Bach ganz leise gleitet
5 Und Farnen...
So gehst du abends durch das Tor,
wenn schon vor Nacht die Sonne sinkt,
wenn schon im letzten Licht ertrinkt
der bunten Stimmen süßer Chor.
Und fühlst: dein Sinn wird wieder leicht,
den dir der Tag so schwer gemacht,
und merkst, aus dumpfem Traum erwacht,
wie sehr dein Herz den Blumen...
Nein! Ihr sollt keine Fackeln bringen,
und keine Flammen von persischem Öl,
und sollt nicht Kissen breiten,
auf deren greller Seide weißnackte Weiber sich wälzen,
sich wölbend, wie Marmorbrücken zum Reich der Lust! -
Ihr sollt nicht Gûrû die Trommel reiben lassen,
mit ihren knetenden, geschminkten Handballen,...
Abends dann, wenn milde Sommerluft
All die Welt in laue Mattheit wiegt,
Sich mein heißgeliebtes junges Mädchen
Fest in fremden Mannes Arme schmiegt.
Abends dann, wenn milde Sommerluft
Schmeichelnd, säuselnd über Gräbern ruht,
Tobt in meinen kalten, toten Adern
Heiß und sehnend wild das Blut...
Abends unter meinem Baume
Fand ich heute Wunderbares,
Ein Paar große blaue Augen
Unterm Schmucke blonden Haares.
Hinter einem Strauche blieb ich
Ihr verborgen, und ich lauschte,
Wie sie mit der eignen jungen
Seele Frag' und Antwort tauschte.
Was ich hörte, war nichts...