Abends unter meinem Baume
Fand ich heute Wunderbares,
Ein Paar große blaue Augen
Unterm Schmucke blonden Haares.
Hinter einem Strauche blieb ich
Ihr verborgen, und ich lauschte,
Wie sie mit der eignen jungen
Seele Frag' und Antwort tauschte.
Was ich hörte, war nichts Neues;
Junge Träume, unverbunden;
Doch ich meine, niemals hätt' ich
Alles das so schön empfunden.
Ihre schlanken Hände brachen
Eine weiß' und blaue Blüte,
Und ihr Antlitz füllte strahlend
Sich mit ihres Heilands Güte.
Aus: Carl Sternheim Gesamtwerk
Band 9: Unveröffentlichtes Frühwerk II
Lyrik Dramenfragmente Prosa
Herausgegeben von Wilhelm Emrich
Hermann Luchterhand Verlag Neuwied am Rhein, Berlin 41 1970