• [96] An einen Bach im Winter.

    Du rauschest, sanfter Bach, auch nicht für Freuden mehr?
    Kein Blümchen spiegelt sich in dir:
    Vom Schnee bedeckt, vom Eise schwer,
    Gleichst du, ja gleichst du mir.

    5...

  • An einen Freund.

         Wehre nicht der Liebe, wenn im Lenze
    Deines Lebens sie dein Herz beschleicht,
    Wenn sie deiner Locke Blumenkränze,
    Süßen Nektar deiner Lippe reicht!

    5      Nimmer darfst du dich der Regung schämen,
    Die den jungen Busen schwellend hebt,
    Darfst ihr nicht den raschen Fittig lähmen,
    Der in Kühnheit zu den Wolken strebt...

  • Feuchtes Siegel sanfter Triebe
         Künft’gen Glückes Vorgenuß,
    Süßes Band der jungen Liebe,
         Herzensblümlein, Mädchenkuß.

    5 Sprechend Schweigen, stumm Erklären,
         Feuerquell und Kindlichkeit,
    Bittend Schmeicheln, keusch’ Gewähren,
         Morgenroth der schönsten Zeit.

    Und, bei’m Abschied, frohes Klagen,
    10      Wenn die...

  • [93] An einen jungen Prahler.

    Dir hat, wie du mir selbst erzählt,
    Es nie an Phillis Gunst gefehlt.
    Du sprichst, dir hab sie viel erlaubt,
    Und du ihr noch weit mehr geraubt.
    5 Doch jezt...

  • An mein Reitpferd.

    O Thier, das schnell wie Wolkenflug
    Mich oft zu Linas Küssen trug,
    Dir Dank und Lohn zu geben
    Soll dich mein Lied erheben.

    5 Oft eiltest du bei Sturm und Nacht
    Von ihr gewünscht, von ihr gedacht,
    Auf dir bekannten Wegen
    Der Wartenden entgegen.

    Du schliefst im Gras, wenn leise sich
    10 Mein Schritt am...

  • [8] An meine Eltern.

    Ihr, die Jehovahs: Sterbet! aus dem Kreise
    Der Zeitlichkeit mir allzufrüh entrückt,
    Ihr, die ihr nun nach guter Engel Weise
    Auf mich herniederblickt.

    5      Mein Vater, du, den ich nur...

  • [100] An meine Lieder.

    Seyd, geliebte kleine Lieder,
    Zeugen meiner Fröhligkeit;
    Ach sie kömmt gewiß nicht wieder,
    Dieser Tage Frühlingszeit.

    5 Bald entflieht der Freund der Scherze,
    Er, dem...

  • An meine Lieder.

          Verfließet, vielgeliebte Lieder,
    Zum Meere der Vergessenheit!
    Kein Mädchen sing euch lieblich wieder,
    Kein Jüngling in der Blüthenzeit.

    5       Ihr sanget nur zu meiner Lieben,
    Nun spricht sie meiner Treue Hohn.
    Ihr war’t in’s Wasser eingeschrieben,
    So fließt denn auch mit ihm davon.

  • [67]
                    An meinen Brun.

    Vor der Geburt meines zweiten Kindes.

                         (1786).

    Che altro ch’un sospir breve e la morte?[1]

    ...
  • Jüngst erst fragtest du, ob meinem Herzen
    Näher läge brauner Locken Glanz?
    Ob ich fröhnte blonder Mädchen Scherzen?
    Ob ich beyden wände gleichen Kranz?
    5 Schwer ist hier die Wahl! – Auf Ida’s Höhen,
    Hat schon blind sich Paris fast gesehen;
    Und ich armer später Enkel wär so dreist,
    Noch zu richten über schöner Formen Geist? –

         Doch,...