Karl Kraus

  • In einem totenstillen Lied
    vom Weh zum Wort die Frage zieht:
    Wer weiß wo.

    Wer weiß, wo dieses stille Leid
    5 begraben liegt, es lärmt die Zeit
    vorüber so.

    Sie schweigt nicht vor der Ewigkeit
    und stirbt und ist doch nicht bereit
    zur letzten...

  • Zwei Läufer laufen zeitentlang,
    der eine dreist, der andre bang:
    Der von Nirgendher sein Ziel erwirbt;
    der vom Ursprung kommt und am Wege stirbt.

    5 [...

  • Nie las ein Blick, von Thränen übermannt,
    ein Wort wie dieses von Immanuel Kant.

    Bei Gott, kein Trost des Himmels übertrifft
    die heilige Hoffnung dieser Grabesschrift.

    5 Dies Grab ist ein erhabener Verzicht:
    »Mir wird es finster, und es werde Licht!«

    ...

  • Hab’ ich dein Ohr nur, find’ ich schon mein Wort:
    wie sollte mir’s dann an Gedanken fehlen?
    Von zwei einander zugewandten Seelen
    ist meine flüchtig, deine ist der Hort.

    5 Ich komme aus dem Leben, jenem Ort,
    wo sie mit Leidenschaft das Leben quälen
    und...

  • O Unterschied im Liebesspiele!
    Wie kommt es aus ganz andern Quellen:
    bei ihr zu sein,
    und sie sich vorzustellen!
    5 Denn sie ist nur ein Schein;
    doch wenn sie fern, erwachsen die Gefühle.

    Kurz ist die Gier,
    und man ist bald am Ziel
    und...

  • Wie wird mir zeitlos. Rückwärts hingebannt
    weil’ ich und stehe fest im Wiesenplan,
    wie in dem grünen Spiegel hier der Schwan.
    Und dieses war mein Land.

    5 [...

  • Wie nach den Lebensnächten
    es prangt in neuen Prächten,
    vom Morgenthau benetzt!
    Was hebet aus den Grüften
    5 und letzt mit linden Lüften
    auch mich zuguterletzt?

    Es heilt das Herz vom Hirne
    und kühlt die kranke Stirne
    am jungen Tag gesund....

  • Wie doch die Kraft das Wasser hebt!
    Es steigt und schwindet, schwillt und schwebt,
    es steht im Strahl, es kommt und fällt
    in diese nasse Gotteswelt,

    5 die zwecklos wie am ersten Tag
    bloß ihrer Lust genügen mag
    und von dem holden Überfluß
    an keine...

  • So spät ist es, so späte,
    was werden wird, ich weiß es nicht.
    Es dauert nicht mehr lange,
    mir wird so bange,
    5 und seh’ in der Tapete
    ein klagendes Gesicht.

    [...

  • Wovor ist mir denn bang?
    Was soll mir denn geschehen?
    Ich werde Neues sehen.
    Und bis dahin ist’s lang.

    5 [...