Jakob Michael Reinhold Lenz

  • Bebe, beb' ihr auf zu Füßen
    Frühlingserde, und ein Flor
    Junger Veilchen sie zu grüßen
    Keim' aus deinem Schoß hervor.

    Sagt ihr Veilchen eure Wonne,
    Daß ihr sie zu sehn gekriegt,
    Sagt ihr, daß in eurer Sonne,...

  • In der Nacht im kalten Winter
    Wird's so schwarz und graulich nicht,
    Als in meinem armen Herzen
    Fern von deinem Angesicht.

    Aber wenn es wieder lächelt
    In die Seele mir hinein,
    Werd' ich jung und neu geboren,...

  • Das dich umgiebt, belebest du;
    Dein Auge gießt wie Saft der Reben
    In tote Adern Geist und Leben
    Und führt dem Herzen Feuer zu.

    Dem Kranken läuft das Blut geschwinder;
    Der alte Mann, die kleinen Kinder,
    Warm von...

  • Kleines Ding mit Müh und Leiden
    Hier in dieser Brust gepflegt,
    Herz! wenn sich dein Sturm nicht legt,
    Herz! wo sind denn deine Freuden?

    Deine Schläge! wie so selten
    Mischt sich Lust in sie hinein!
    Und wie...

  • Der junge Piramus in Babel
    Hat in der Wand
    Sich nach und nach mit einer heißen Gabel
    Ein Loch gebrannt.

    Hart an der Wand, da schlief sein Liebchen,
    Die Thisbe hieß,
    Und ihr Papa auf ihrem Stübchen
    ...

  • Oft fühl ichs um Mitternacht;
    Dann stehn mir die Tränen im Auge,
    Und ich fall im Dunkel vor dir aufs Knie, -
    Du prüfst mir das Herz, und ich fühl' es noch wärmer.

    Heilig ist es - von Gott -
    Was im Herzen glüht. Laut ruft es...

  • O Philomele,
    Sing immer zu!
    Du siehst, ich quäle
    Mich mehr als du.

    Es floh der meine
    Wie deiner floh,
    Und wie der deine,
    So liebt' er, - so! -

    Nur wenig Tage
    Währt dein...

  • Verzeih den Kranz, den eines Wilden Hand
    Um dein geheiligt Bildnis wand,
    Hier, wo er unbekannt der Welt,
    In dunkeln Wäldern, die ihn schützen,
    Im Tempel der Natur es heimlich aufgestellt,
    Und wenn er davor niederfällt,...

  • Ach, bist du fort? aus welchen güldnen Träumen
    Erwach' ich jetzt zu meiner Qual!
    Kein Bitten hielt dich auf, du wolltest doch nicht säumen,
    Du flogst davon zum zweitenmal.

    Zum zweitenmal sah ich dich Abschied nehmen,
    Dein...

  • Von Gram und Taumel fortgerissen,
    Verzweiflungsvoll dein Bild zu küssen,
    Ach, alles, was mir übrig ist.
    Dies Bild will ich am Munde halten,
    Wenn alles an mir wird erkalten,
    Und du mir selbst nicht denkbar bist....