An die Nachtigall

O Philomele,
Sing immer zu!
Du siehst, ich quäle
Mich mehr als du.

Es floh der meine
Wie deiner floh,
Und wie der deine,
So liebt' er, - so! -

Nur wenig Tage
Währt dein Gesang,
Doch meine Klage
Währt lebenslang.

Nach kurzer Weile
Suchst fremde Luft:
Und ich - ich eile
Zur dunkeln Gruft.

Im schönen Lenze
Kommt wieder dir
Von ferner Grenze
Dein Liebchen hier.

 Und neue Freude
Bringt dir das Jahr,
Ich lieb' - und leide
Ach immerdar! (S. 13-14)

Collection: 
1909

More from Poet

  • Bebe, beb' ihr auf zu Füßen
    Frühlingserde, und ein Flor
    Junger Veilchen sie zu grüßen
    Keim' aus deinem Schoß hervor.

    Sagt ihr Veilchen eure Wonne,
    Daß ihr sie zu sehn gekriegt,
    Sagt ihr, daß in eurer Sonne,...

  • In der Nacht im kalten Winter
    Wird's so schwarz und graulich nicht,
    Als in meinem armen Herzen
    Fern von deinem Angesicht.

    Aber wenn es wieder lächelt
    In die Seele mir hinein,
    Werd' ich jung und neu geboren,...

  • Das dich umgiebt, belebest du;
    Dein Auge gießt wie Saft der Reben
    In tote Adern Geist und Leben
    Und führt dem Herzen Feuer zu.

    Dem Kranken läuft das Blut geschwinder;
    Der alte Mann, die kleinen Kinder,
    Warm von dem...

  • Kleines Ding mit Müh und Leiden
    Hier in dieser Brust gepflegt,
    Herz! wenn sich dein Sturm nicht legt,
    Herz! wo sind denn deine Freuden?

    Deine Schläge! wie so selten
    Mischt sich Lust in sie hinein!
    Und wie schnell...

  • Der junge Piramus in Babel
    Hat in der Wand
    Sich nach und nach mit einer heißen Gabel
    Ein Loch gebrannt.

    Hart an der Wand, da schlief sein Liebchen,
    Die Thisbe hieß,
    Und ihr Papa auf ihrem Stübchen
    ...