O sage nicht, du hast mich nie geliebt!
Dein Herz spricht anders und des Auges Scheue.
Wenn je ein Engel Täuschungen vergiebt,
Verschweigt er auch die Thränen stiller Reue.
In deinen Mienen streng, in deinem Stolz,
In deinem Zorne hab' ich es gelesen,
Daß deines Herzens Panzer längst zerschmolz,
Daß deine Seele dennoch mein gewesen.
Warum sonst ständst du heute, meinem Glück
Und meinem Herde grollend, fremd und ferne?
Du schaust in einst'ge Flammen starr zurück,
Ach, Flammen sind es längst enteilter Sterne!
O glaube nicht, die Liebe sei so blind;
Sie ist allwissend, selbst wenn sie betrogen,
Sie blickt in Tiefen, die verschlossen sind,
Und sieht versunkne Kronen in den Wogen.
O glaube nicht, die Liebe würde Haß!
Sie ist unsterblich, selbst wenn sie erschlagen.
Ihr lichter Schatten, leuchtend, mondesblaß,
Bleibt mir gesellt in diesen Erdentagen.
Auf lebenslang - auch dich noch lebenslang
Wird unerreichbar sie getreu begleiten,
Gleichwie ein Gruß, ein zaub'rischer Gesang
Von unverstandnen goldnen Jugendzeiten.