O nicht zu nennen und zu tragen
Ist dieses Meiden und Entsagen
In jeder Stunde Qual und Beben,
Nicht sterben können und nicht leben!
Nur einmal noch möcht' ich sie sehen
Und dann für ewig untergehen,
Nur einmal noch an's Herz sie pressen,
Dann aber taumeln in's Vergessen.
Das braune Haar, die bleichen Wangen
Die Hände, die so sanft umfangen,
Die Stirn voll Wehmuth und Entzücken
An meine Brust noch einmal drücken.
Nur einmal noch möcht' ich es hören
Ihr heitres Flehn und Liebeschwören,
Nur einmal noch in sel'gen Peinen
An ihrem schönen Herzen weinen.
Armselig Herz, voll Blut und Wunden
Am harten Flammenpfahl gebunden.
O fleh den Herrn: auf deinen Steigen
Sie nur noch einmal dir zu zeigen.
Ob auch im Traum! Auf neuen Schwingen
Wird sich hinan die Seele ringen
Wie Märtyrer beim Palmenfächeln
Noch im Verscheiden wirst du lächeln.
aus: Gedichte von Alfred Meißner
Zweite stark vermehrte Auflage
Leipzig Friedrich Ludwig Herbig 1846