In den Bildern von Watteau
Sehn wir auf beblümten Wiesen
Wandeln, jung und lebensfroh,
Kleine zierliche Marguisen.
Im Brokatkleid, hochtoupiert,
Wandeln sie im Abendscheine,
Mit dem Fächer kokettiert
Ihre Hand, die liebe kleine.
Fächelnd ihres Busens Schnee,
Lächelnd mit dem roten Mündchen,
Scherzen sie mit dem Abbé
Oder spielen mit dem Hündchen.
Solchem Bild, Du Zauberin,
Magst Du noch am meisten gleichen,
Könnte an das Leben hin
Je die Kunst des Pinsels reichen.
Solche Augen, grausam schön,
Wußte auch Watteau zu malen;
Lang', nachdem man sie gesehn,
Brennen noch ins Herz die Strahlen;
Auch dem Antlitz diesen Hauch
Gab er und den Engelsmienen -
Doch die Mängel hast Du auch,
Scheint mir, seiner Heroinen.
Ob das Auge auch von Lust
Spricht und Wonne paradiesisch -
Eitel Schnee scheint mir die Brust
Und Dein Herz fühlt ganz marquisisch!
aus: Deutsche Lyriker seit 1850
Mit einer litterar-historischen Einleitung
und biographisch-kritischen Notizen
Herausgegeben von Dr. Emil Kneschke
Siebente Auflage Leipzig Verlag von Th. Knaur 1887