Träumerei

Ich denk' an meine Bergwaldfee in banger Stunde gern - - Grün träumend wie der Gletschersee, so glänzt ihr Augenstern. Ihr Kleid ist weich und seidenhell, ihr Mund geheimnisvoll, ihr Lachen tönt, als wär's ein Quell, der mit dem Frühling schwoll. In ihrem dunklen Haar als Zier trägt sie die Almenros', und all des Waldes wild Getier spielt zahm um ihren Schoß. Und mit der schmalen Zauberhand zeigt sie ein Paradies, ein wahres Märchenwunderland, wie Kindermärchen süß! Und wenn sie spricht, so lauscht der Wald und atmet leis - und blüht - und ihre Rätselstimme hallt gleich einem Himmelslied. Es stellt der Wind sein Wehen ein, es neigen sich verzückt die purpurfarbnen Akelein, von Träumen sanft umstrickt. Forellen springen aus der Flut, verschleiert ruht die Flur, und rot umschlingt in Liebesglut der Abend die Natur — — Da schweigt der Heimat schöne Fee, sie lächelt mir und winkt und schwindet blau zum Firnenschnee und Stern um Stern erblinkt.

Collection: 
1887

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