Der Frühlingsregen am Genfersee

Düstrer Wolkenzug , o schwebe näher,
     Walle still am Jura dort hinab;
Und der Landmann , treuer Wetterspäher,
     Juble: Segen träufelt uns herab!

Seht des schönen Sees Bett verdunkelt,
     Wo die Möve dort ins Wasser streift;
Des Saleve Scheitel heiß umfunkelt;
     Jenes Huhn, das unters Obdach läuft.
 
Graue Schatten wandeln, schweben, tauchen
     Schnell das Thal in trübe Dämmrung ein;
Kräuterknospen öffnen sich, und hauchen
     Süßern Duft als Zeilons Spezerein.
 
Regen triefelt freundlich und gelinde
     Jetzt auf Hügel, Acker, Wies’ und Feld;
Und der Vögelchor im Frühlingswinde
     Tönt im Busch, vom Zitterglanz erhellt.

Auf der Dole schwimmt ein Meer von Strahlen;
     Purpur färbt das öde Felsenschloß;
Rosenschimmer, die den Mole mahlen,
     Sinken auf des Sees Spiegelschooß.
 
Erd’ und Himmel, Fels und Thal und Hügel,
     Glänzt in reiner Farbenharmonie;
Die Gewässer und der Winde Flügel
     Rauschen drein in hoher Melodie.

Schalle dann: Laut durch die Weltentöne,
     Edler Chor, den unser Freund erschuf;
Und der Menschenstimme Zauber kröne
     Der Natur vereinten Freudenruf.

Collection: 
1795

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