Abendlied

Der Mond ist aufgegangen,
Die goldnen Sternlein prangen
     Am Himmel hell und klar.
Der Wald steht schwarz und schweiget,
Und aus den Wiesen steiget
     Der weiße Nebel wunderbar.

Wie ist die Welt so stille,
Und in der Dämmrung Hülle
     So traulich und so hold!
Als eine stille Kammer,
Wo ihr des Tages Jammer
     Verschlafen und vergessen sollt.

Seht ihr den Mond dort stehen? —
Er ist nur halb zu sehen,
     Und ist doch rund und schön!
So sind wohl manche Sachen,
Die wir getrost belachen,
     Weil unsre Augen sie nicht sehn.

Wir stolze Menschenkinder
Sind eitel arme Sünder,
     Und wissen gar nicht viel.
Wir spinnen Luftgespinnste,
Und suchen viele Künste,
     Und kommen weiter von dem Ziel.

Gott, laß uns dein Heil schauen,
Auf nichts Vergänglichs trauen,
     Nicht Eitelkeit uns freun!
Laß uns einfältig werden,
Und vor dir hier auf Erden
     Wie Kinder fromm und fröhlich seyn!

Wollst endlich sonder Grämen
Aus dieser Welt uns nehmen
     Durch einen sanften Tod!
Und, wenn du uns genommen,
Laß uns im Himmel kommen,
     Du unser Herr und unser Gott!

So legt euch denn, ihr Brüder,
In Gottes Namen nieder;
     Kalt ist der Abendhauch.
Verschon’ uns, Gott! mit Strafen,
Und laß uns ruhig schlafen!
     Und unsern kranken Nachbar auch!

Collection: 
1782

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