Der Mond geht unter hinter fernen Höhen

Der Mond geht unter hinter fernen Höhen,
Rotdunstig taucht er tief ins große Wasser,
Die Heide trieft, getränkt von Regenböen,
Im Westen winkt ein Stern, ein strahlenblasser.

Wo weilst du, Stern, der meiner Jugend lachte,
Der einst erschien, mir licht voranzuschweben,
Du Liebste, die mich fromm und glücklich machte,
Du Silberschnur, gelöst aus meinem Leben?

Du zogst dahin, einsam, am Horizonte,
Mit Augen, die den Lebenstrug ermessen,
Zu segnen mich, der dich nicht lassen konnte;
O reiner Stern, nie werd' ich dein vergessen.

Leb wohl. Du wirst als guter Engel schweben
Durch Erdenleid, durch großer Armut Mitten.
Das Schicksal hat mein undurchpflügtes Leben
Gar früh getrennt von deinen heil'gen Schritten.

Du wirst als Leuchte meinem Fuß nicht scheinen,
Nicht darf ich hingehn, übersonnt auf Erden
Von deinem Glanz, dem silberblassen, reinen.
Doch Gott wird sein mein Licht beim Dunkelwerden.

Aus: Gesammelte Werke
von Prinz Emil von Schoenaich-Carolath
3. Band Gedichte
Leipzig G. J. Göschen'sche Verlagsbuchhandlung 1907

Collection: 
1878

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