Einst lag im Lande Frühlingsschein

Einst lag im Lande Frühlingsschein,
Voll seliger Vergessenheit
Durchstreiften träumend wir, zu zwei'n,
Des heil'gen Hochwalds Einsamkeit.

Um unsre Stirnen wob das Glück
Sein Sonnenleuchten unbewußt,
Sie strich die Locken sacht zurück
Und barg das Haupt an meine Brust.

Ein Jagdhorn rief im Maienwald,
Und rastlos fern der Kuckuck sang;
Sie sprach: Wir sind zu Hause bald,
Wie war der Weg so wenig lang -

Ich bin gewandert jene Bahn
In winddurchrauschter Abschiedsnacht,
Den Weg, drauf einst der kurze Wahn
Von Frauentreue mir gelacht.

Und hinter uns, verstoben, fern,
Lag erster Liebe Rosenzeit,
Vor mir kein Licht, vor mir kein Stern,
Der Büßerweg so weit, so weit.

Aus: Gesammelte Werke
von Prinz Emil von Schoenaich-Carolath
3. Band Gedichte
Leipzig G. J. Göschen'sche Verlagsbuchhandlung 1907

Collection: 
1878

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