Gedenkst du, mein Lieb, der Zeiten

Gedenkst du, mein Lieb, der Zeiten,
Da sehnend das Herz uns schwoll,
Wenn fern aus Wäldern und Weiten
Der Ruf des Kukuks scholl?

Das waren die Zeiten der Träume,
Da gingen wir Hand in Hand,
Es stob durch die rauschenden Bäume
Der Sommerwind singend ins Land.

Du redetest süß aufs neue
Von Lenzen, die nicht vergehn,
Von Hoffnung und Frauentreue,
Von Wandern und Wiedersehn.

Nun sind verschwunden die Tage
Der Jugend, der Rosenpracht,
Da du mir selige Sage
Ins gläubige Herz gelacht.

Und längst verschollen, verklungen
Ist unserer Lenze Spur,
Denn was dein Mund einst gesungen,
Es war ein Märchen nur.

Aus: Gesammelte Werke
von Prinz Emil von Schoenaich-Carolath
3. Band Gedichte
Leipzig G. J. Göschen'sche Verlagsbuchhandlung 1907

Collection: 
1878

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