Das Vergnügen
Was klagst du dort? Durchs frohe Leben
Führ' ich dich gern; gieb mir die Hand.
Die Liebe
O! lass mich! Du kannst mir nicht geben
Den Werth des Kummers, den ich fand.
Im Heiligthume meiner Schmerzen
Steht nur verhüllt die Seligkeit,
Als Bild, gekannt von meinem Herzen,
Das, opfernd, jeden Schlag ihm weiht.
Du kennst die Wonne meiner Zähren,
Der Rührung süsses Leiden nicht;
Du kannst nur jene Lust gewähren,
Die Blüthen, die verwelken, bricht.
Das Vergnügen
Es hängt an kurzen Augenblicken
Das Leben, so wie sein Entzücken;
Nur der Moment erscheint mit Lust,
Und drückt den Kranz, den er gefunden,
Eh' ihm der süsse Duft entschwunden,
An seine weite freye Brust.
So, Liebe! komm zu meinem Herzen,
Um, voll der Gluth, in meinem Kuss,
In holder Gegenwart Genuss,
Die bange Trauer zu verschmerzen.
Komm! Lass am Quell die Lust uns trinken,
Vereint in seine Fluth zu sinken,
Und, wie ein lichtes Abendroth,
Mit weiten, hellen Flammenzügen,
So glühend, lass uns in den Tod,
So untergehn, als Liebe und Vergnügen.
Die Liebe
Bis sie die Erde nicht berührte,
Die Schwinge der so flücht'gen Zeit,
So lange bleibt, wohin ihr Flug mich führte,
Der Tempel der Unsterblichkeit.
Von dir berührt, fällt aus dem lichten Kranze -
Mir wandte ihn die Ewigkeit ums Haupt -
Bald Stern für Stern, und von dem Himmelsglanze
Wird schnell die Flamme mir geraubt.
Hinab zu dir, zu niedern Welten,
Trägt dann mich deiner Schwäche Wahn;
Und Trug und Überdruss, die mir sich beygesellten,
Erkennen mich als Unterthan.
Ein reiner Genius, frey von gemeinen Trieben,
Liegt meines Wesens Fülle nur in mir;
Mein Daseyn ist ein göttlich reines Lieben,
Und nimmer brauch' ich Lohn und Kraft von dir.
Der Perle gleich, im feuchten tiefen Meere,
Fällt meine Thräne in die Welt hinab;
Ob sie bemerkt, ob sie verloren wäre,
Sie schmückt ihr stilles tiefes Grab.
O! wage du nicht, Schmerz zu nennen,
Was sanft und klagend Liebe spricht.
Den bleichen Stern, du kannst ihn kaum erkennen,
Und ahnest ihn als Sonne nicht;
Doch seiner Welt, der ist er aufgegangen,
Und glänzt und wärmt als helles Licht;
In eignen Sphären will er leuchten, prangen;
Dem fernen Dunkel scheint er nicht.
Wohin die Liebe sich geborgen, -
Ob in das Grab, ob zum Gestirn erhöht; -
Wo sie auch ist, umleuchtet sie ein Morgen,
Der nimmer, nimmer untergeht.
Gleichviel, ob auch in dunkeln Nächten,
Wo nur der Lüste Fackel brennt,
Man Opfer meinem Namen brächte,
Und dennoch nicht mein Wesen kennt. -
Ich will, und will nicht niedersinken.
Kannst du dich nicht zu mir erhöh'n,
Wo Sterne in dem Äther blinken:
Ich bleibe - du magst untergehn.
Aus: Gedichte von Ulrich Freyherrn von Schlippenbach
Mitau 1812 Gedruckt bey J. F. Steffenhagen und Sohn