Felix qui non amat

Oder Jambica

O Wie glückselig ist der Mann/
Wiewol stehn doch desselben Sachen:
Den Amor nicht bezwingen kan/
Noch jhn zu einen Sclaven machen.

Ein solcher bringt sein Leben zu
In frewen/ und darff niemand schewen/
Sein Leib und Geist bleibt nur in ruh
Sein thun sicht man jhn nie gerewen.

Wann er Apollo dienen wil
Und seinen Töchtern den Göttinnen/
So sitzet er fein in der still/
Thut schönen Künsten nur nach sinnen.

Er schawet an die grosse Welt/
Bemühet sich recht zu betrachten
Was droben ist/ daß schnöde Geldt
Pflegt er gantz hönisch zu verachten.

Wenn andre bey des Mondes Liecht/
Für jhrer liebsten Thür hergehen
Weil sie für Liebe schlaffen nicht/
Thut er das Firmament ansehen.

Wann andre sehr beklagen sich/
Daß sie für liebe gar verbrennen!
So mühet er sich embsiglich
Die schöne Kräuter zu erkennen.

Wann andre mit betrübtem Sinn
Sehr weit durch alle Felder lauffen/
Und suchen ihre Schäfferin:
Pflegt dieser Pallas Wahr zu kauffen.

Sein hoher Geist und tapffrer Muht
Verlachet nur den blinden Knaben/
Cupido mit dem Pfeil und Glut
Der muß sein vor ihm übertraben.

Sein höchstes Gut ist Weißheit nur/
Sein beste Frewd ist zu erkünden
Der Vögel/ Fisch und Thier Natur
Ja alles was sonst ist zu finden.

Er wandelt auch ins Himmels Saal
Bey Sonne Mond und alle Sterne:
Auff Erden kennt er Berg und Thal/
Ja Städt und Länder in der ferne.

Wie Wasserflüß und Brünnelein/
Auch alle Meer weis er zu nennen/
Er kans dir auch erklehren fein
Warumb die grossen Berge brennen.

Und daß er alles recht erfahr/
So kreucht er in die schwartzen Erden/
Und sicht wie Metallen zwar
Künstlich daselbst gebohren werden.

Er kan durchs Fewr gantz wunderlich
Auß Kreutren/ Ertz und andren Dingen
Saltz/ Wasser/ Geist behendiglich
Und andre schöne Sachen bringen.

Der Himmel ist sein Gold und Geldt
Der ihn allein kan frölich machen
Dazu der Mensch die kleine Welt
Verstendigt jhn von allen Sachen.

Und so bringt er sein Leben zu/
Helt nichts von seufftzen/ weinen/ klagen/
Er bleibet bey der wahren Ruh/
Weiß von Cupido nichts zu sagen.

Die Weißheit ist sein höchster Schatz/
Von Venus mag er gar nicht hören/
Und Amor findet keinen Platz
In seinem Sinn/ jhn zu bethören.

Drumb/ ey wie selig ist der Mann/
Wie wol stehn doch desselben Sachen/
Den Amor nicht bezwingen kan
Noch jhn zu seinem Sclaven machen.
(pdf. S. 93ff)

Collection: 
1640

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