Weißt du? – Nach jenem Sonnwendtage

  Weißt du? – Nach jenem Sonnwendtage
Die Blütenpracht am Waldesrand,
Der jungen Herzen schöne Frage?
Wir gingen beide Hand in Hand -
Und wie in einer Frühlingssage
Voll Glück und Glanz das ganze Land.

Der Mond versilberte die Erlen,
Es fing ein großes Leuchten an -
Die heilige Nacht! – Wie helle Perlen
Die Sterne von dem Himmel sah'n.

Und Feuer flammten, regungslose,
Herab vom dunkeln Felsenknauf.
Am Busch der wilden Heckenrose
Die Funkenkäfer flogen auf.

Und weißt du, was ich leise sagte,
Du blondes Kind? – Ich hab dich gern.
Und weißt du, was ich leise fragte?
Ich fragte: Willst du einen Stern?

Dann hab' ich aus der hellen Sonnwendnacht
Auf meiner Hand ein Sternlein dir gebracht. (Band 1 S. 33)

Collection: 
1907

More from Poet

  • Der eine Tag hat es gemacht:
    Ich wand're selig durch die Nacht.

    Es breitet sich um mich ein Meer
    Von himmlisch schönem Sternenglanz,
    Den eines Engels Hand entfacht. -

    Es ist auch gar nicht lange her,
    Daß...

  •  
    Denkst du daran? – Nach jenem Sonnwendtage -
    Die Feuer funkelten an allen Höh'n,
    Auf unsern Lippen schwieg die große Frage,
    Die Frage war so unausschprechlich schön.
    Und uns're Hände in einander ruhten,
    Leuchtkäfer...

  • Das war in einer hellen Sommerzeit.
    Frei war die Seele und der Himmel weit,
    Da sah ich dich, ein sechzehnjährig Kind -
    Du warst – was weiß ich! – wie die Kinder sind.

    Und in den Wald wir miteinander gingen,
    Wenn...

  • Das war in der Septembernacht
    Ein Lichterineinanderfließen,
    Es war, als wollte sich die Pracht
    Der Lebensblume mir erschließen;
    Als ob der Gott für dich und mich
    Die Weltensatzung schriebe -
    Die Seele sagte...

  • Das war ein Abend goldentief,
    Die Aehren wogten segenschwer,
    Und aus dem blauen Walde rief
    Ein zweigversteckter Vogel her.

    Ich sagte dir, du blondes Kind:
    Dort, wo die Sonne untergeht,
    Des Himmels goldne Tore...