Vor Jahren war's. An dem Marientag
Erglänzte blau der weite Himmelsbogen,
Zeitlosen blühten rings im fahlen Hag;
Vom Kirchturm sind die Schwalben fortgezogen
In ferne Lande, wo in Abendgluten
Nachtrosen gleich die Tempelkuppeln glüh'n,
Und wo in heiligen, ewig stillen Fluten
Des Glückes blaue Wunderkelche blüh'n.
Das war der Schwalbenflucht Marientag.
Es kam das Licht in hellen Sonnwendwogen,
In denen scheues Sensedengeln lag,
Indes die Astern einen Sommer logen.
Feldeinsam gingen wir und glückverloren
Durch eine goldenrote Abendstund',
Und heilige Eide ohne Worte schworen
Wir überselig beide Mund an Mund.
Das war am herrlichen Marientag.
Von Blättern wehte es, von müden, falben,
Im Abend starb der Sensedengelschlag,
Schon waren fort die allerletzten Schwalben.
Wir merkten's nicht, - - die Schwalben bringen Glück ..
Mir haben sie das meine mitgenommen.
Ich hoffte treu, sie bringen es zurück,
Wenn sie vom Sonnenlande wiederkommen.
Was nützt es heut', wenn ich die Schwalben frag:
Wo habt mein stilles Glück ihr hingetragen?
Heut' leuchtet wieder ein Marientag,
Doch keine einzige will Antwort sagen.
Sie fliegen hin, wo in den Abendgluten
Nachtrosen gleich die Tempelkuppeln glüh'n,
Und wo in heiligen, ewigstillen Fluten
Der Glückes blaue Wunderkelche blüh'n. (Band 1 S. 99-100)