Denkst du noch jener Nacht? Im Spätherbst war es schon,
Die Rose war verglüht, die Schwalbe war entflohn
Nach einer Heimat warm und milde;
Sogar das ernste Kind, die Aster, lag im Staub
Und nur die Dahlie noch, des Herbstes letzter Raub,
Stand einsam prangend im Gefilde.
Mit allem Schmucke ging zu Ende jäh das Jahr
Und dennoch floß die Luft so weich, so wunderbar
Und warm vom blätterleeren Hügel,
Als hab' zum zweitenmal ein Lenz verheißungsvoll
Zur Erde sich verirrt, die neu erblühen soll
Im vollen Weh'n thauschwerer Flügel.
Denkst du noch jener Nacht? Ein Meer von Sternen floß
Bewegt am Himmel hin; aufblitzend, zitternd goß
Der Glanz sich auf die Erde nieder.
In blauer Wölbung lag der Himmel ausgespannt,
Dem Silberschilde gleich, den eines Riesen Hand
Ausstreckt zum Schutz der müden Glieder.
Viel tausend Lichtern gleich und wechselvollen Scheins
Zog Stern um Stern dahin und wieder doch in Eins
Schlug all die Strahlensaat zusammen.
Und um uns tiefe Nacht, als sei die Erde nichts
Als nur der dunkle Grund von jenem Meer des Lichts,
Das oben wogt in ew'gen Flammen.
Da plötzlich zuckt's im Ost empor am Tannenhag,
Ein Silberstreif erglüht, als käme schon der Tag,
Als wollt' das Licht das Licht verdrängen.
Und herrlich steigt es auf - so zieht ein König ein -
Und ungehemmt ergoß der reiche Vollmondschein
Sich zu den waldbekränzten Hängen -
Und sank ins Thal. Doch dort, wie hinter einem Flor,
Hob sich in Duft gehüllt die alte Stadt empor
Mit Giebeln, Mauern, Thurm und Zinnen.
Der Brücke stolzes Joch schien in die Luft gebaut,
Nur an die Pfeiler schlug mit geisterhaftem Laut
Des Stromes unablässig Rinnen.
Ein holdes Spiel begann. Denn auf den Wellen war
Ein Glitzern, Funkeln, Sprüh'n, als ob der Sterne Schaar
Hinabgetaucht sei in die Fluthen;
Und aus den Häuserreih'n den Strand entlang durchbrach
Manch grelles Licht die Nacht und auf den Wassern lag
Der Wiederschein der rothen Gluten.
Und feiernd schlief die Welt; kein Hauch schlug an das Ohr,
Tiefschweigend lag die Flur, die sich zuletzt verlor
In graue, dämmerhafte Fernen,
Bis plötzlich in das Lied, das rauschend kam vom Strom,
Einfiel ein ernster Klang hoch von Sankt Peters Dom,
Ein Nachtgruß zu den bleichen Sternen.
Hinzitterte der Schall - denkst du noch jener Nacht?
Den zagen Druck der Hand erwiedertest du sacht,
Von holder Röthe übergossen.
Und all der Zauber rings, so wundersam und weich,
Und all der Märchenduft kam doch nicht jenem gleich,
Den deine Liebe mir erschlossen.