Flora

So halt' ich nun dein liebes Bild,
Das du mir gabst, in meinen Händen;
Denn Tröstung soll es hold und mild
In meiner Einsamkeit mir spenden.

Ich will in mancher stillen Nacht
Mich in das Anschau'n ganz versenken,
Will deiner Jugend, deiner Pracht
Und deiner wilden Glut gedenken.

Lang widerstandst du meinem Fleh'n:
Mein Bild wird dich nicht länger binden!
Laß mich so wie ich kam auch geh'n
Und spurlos wie ein Stern verschwinden.

An jenem Bilde laß genug,
Daß du im Herzen trägst, dir haben,
Drin mich die Liebe Zug für Zug
Und noch verschönernd eingegraben.

Dieß Bild ist, wie du mich nicht kennst,
Ein eitles Ding, wie alle Frauen -
Doch wenn du meinen Namen nennst,
Ergreift Begierde dich und Grauen.

So hast du nie mein Haar geseh'n,
Sorgsam gescheitelt, streng und schlicht;
Wie Ernst und Milde hier's umweh'n,
So sahst du nie mein Angesicht.

Dieß streng geschlossene Gewand,
Das lästig zu den Hüften gleitet,
Die ringgeschmückte kleine Hand,
Die träge auf dem Schooß sich breitet -

Das Alles, Alles bin ich nicht!
Das war ich nicht in jenen Nächten
Und so nur soll mein Angesicht
In deine Träume sich verflechten.

Da denke mein, wie du mein Haar
Das aufgelöste wild durchwühltest,
Wie du die Glut unbändig gar
An meinen rothen Lippen kühltest.

Da denke, wie das Glas erklang,
Wie ich manch tolles Lied gesungen,
Wie uns das Feuer ganz bezwang,
Der Liebe Rausch uns ganz verschlungen.

Das war ich und so will ich sein!
So denk' an mich nach manchem Jahre,
Mit Augen wie ein Wetterschein
Und um die Schultern wirr die Haare.

Von jenen Sternen bin ich nicht,
Die täglich blinken, scheu, beklommen -
Ich bin ein Irrstern keck und licht
Und schwinde rasch, wie ich gekommen.

Ich darf, ein sausend Meteor,
Nur Tod in meiner Pracht gebären,
Und wen ich mir zum Schatz erkor,
Den muß die Glut nach mir verzehren.

Collection: 
1869

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