Einst brachte unser'n Planeten
Die Eiszeit in große Not,
Es ging alles Leben flöten,
Jahrtausende lang blieb's tot.
Dann sandte der Herr den Frühling
Erbarmungsvoll hinab,
Er sollte das Leben wecken
Aus tausendjährigem Grab.
Der schlug mit Himmelskräften
Die Gletscher auf das Haupt
Und machte grün die Gebirge
Und alles neu belaubt.
Er schlug mit dem Stab die Erde
Und hieß die Blumen erstehn,
Die vor der Eiszeit waren,
Dieweilen er zählte zehn.
Da kamen sie aufgeschossen
Viel Hunderte an der Zahl
Und wuchsen zu Millionen
In Au und Wald und Tal.
Und nochmals schlug er die Erde
Und mahnend war sein Ruf:
"Es fehlt noch eine von allen,
Die Gott, der Herr, erschuf!"
Da kam ein verdrießlich Murren
Aus tiefem Wiesengrund
Und dann ein spöttisches Lachen
Von elfenzartem Mund:
"Ich folge dir nicht, Herr Frühling,
Zu lange harrt' ich auf dich,
Die ganze schreckliche Eiszeit.
Jetzt warte du auf mich!"
Wohl schwang der Frühling sich klagend
Zu Gottes Thron empor,
Wohl schalt auch dieser die Blume,
Doch bleib sie taub wie zuvor.
Sie schloß in die dunkle Kammer
Der Erde sich trotzig ein,
Obwohl ihr Herzchen verlangte
Nach Licht und Sonnenschein.
Doch endlich nach vielen Monden, -
Sie hielt es nicht länger aus, -
Streckte sie neubegierig
Ihr kleines Köpfchen heraus.
"Was wohl der Frühling machet,
Und ob er noch schaut nach mir?- "
Da war er über die Berge
Mit aller Blumenzier.
Die Welt war kalt und neblig,
Es wehte ein rauher Wind,
Der sang gar traurige Lieder
Dem frierenden Elfenkind.
Von Frühlings zärtlicher Liebe,
Von Frühlings Sehnsucht und Leid,
Und von der Liebe Ende
Und der Blume Verächtlichkeit.
Er sang von dem zornigen Schwure,
Den jener Hehre getan:
"Nie mehr will ich sie sehen!
Sie blühe im Herbst fortan."
Da weinte sie bittre Tränen,
Ach Tränen ohne Trost,
Eisperlen auf die Wiese
Und starb in Schnee und Frost.
Wer kennt nicht die zarte Jungfer
Im Lilatrauergewand,
Die seitdem frierend blühet
Auf herbstlich verödetem Land! -