Aussicht

Ich weiß, daß sie der Mutter immer sagt:
Sie müsse ihrer lieben Blumen warten;
Ich weiß, sie harret mein im stillen Garten,
Der blühend über'm braunen Felsen ragt.

Ich schau' hinauf aus dem gewund'nen Thal'
Zu ihr; bald wird sie mir am Busen liegen!
Wie ihre Locken in den Lüften fliegen,
Die Locken, goldener am Sonnenstrahl!

So trunken steige ich den Berg hinan,
Wie auf der Jugend, auf der Liebe Schwingen
Getragen, ihr den Morgenkuß zu bringen:
Sie ist mir gut, sie nimmt ihn freundlich an.

Umschlungen staunen wir am Lustgefild
Vom Strom durchflossen, vom Gebirg umgürtet;
Ihr Mächte, die ihr uns zusammenführtet, -
Verbleibt dem liebevollen Bunde mild!

Collection: 
1843

More from Poet

  • Einst schwärmte ich trunken
    Im Auge des Freundes,
    Wir träumten uns frei!
    Froh schwanden die herrlichen
    Stunden, - noch glüh' ich,
    Gedenk' ich des Traum's!
    Nun ist es wohl anders!
    Doch hab' ich gewonnen,...

  • Liebe, neig' Dein reichgelocktes Haupt
    Sinnend über diese Veilchen nieder!
    Strauch und Buche trauern unbelaubt, -
    Doch die kleinen Veilchen sprießen wieder.

    Aus dem dumpfen Mauerwerk der Stadt
    Bin ich fort und in den Wald...

  • Du, die mich so hart gemieden,
    Schwebst in Freude, schwebst in Frieden,
    Nun durch Strom und Thal geschieden,
    Über helle Rosen hin.

    Alles liebevolle Werden,
    Lenz und Sommer hier auf Erden,
    Wie der Sterne...

  • Ich kenn' ein süßes Lippenpaar
    In wunderholdes Roth getaucht;
    Den Lippen horch' ich immerdar,
    Wenn meine Seele Labung braucht!

    Wie von den Felsen, silberhell
    Herunter rauscht der kühle Quell,
    Wie Morgenhauch die...

  • Was bleibt im Menschen ewig jung?
    Das Herz! wir dürfen's sagen!
    Wer regt es stets zu frischem Schwung?
    Die Liebe! kannst noch fragen?

    Wohl manchmal scheint der Strom gestockt, -
    Man könnt' am Eis' zerschellen, -
    Der...