Sonette

85.
Dem blüht kein Lorbeer, der die Liebe meidet!
Zum Schattenreiche kranzlos wird er ziehen,
Vor ihm wird Saffo und Alcäus fliehen,
Und Orfeus, der den Lethe nicht mehr neidet;

Vor ihm Petrarca, den der Lorbeer kleidet,
Torquato, dem die Welt ihr Ohr geliehen,
Ariost, gewohnt, vor Frauen hinzuknieen,
Der hohe Dante, der die Sfären scheidet.

Novalis, der mit ernster Ahndung Bliken
Erstrebt, den Bau des Lebens zu betrachten,
Bekennt, es sei der Lehrling edler Frauen.

Und Göthe lächelt, daß die Schläf' ergrauen,
Daß Abendwinde nach den Rosen trachten,
Die aus dem Lorbeer ew'ge Düfte schiken.

Collection: 
1905

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