Dämmerung

Wie lieb' ich jene Zeit, wenn schwach und schwächer
Der Tag verhallt mit seinen lauten Stimmen,
Und wenn im Grau der Dämmerung verschwimmen
Bastei und Aquaedukt und flache Dächer! -

Denn, wenn die Nacht ausspannt den dunkeln Fächer,
Darin der Sterne Diamanten glimmen,
Wenn Nachtigallen zum Gesange stimmen,
Dann, scheuen Schritts, verläßt du die Gemächer.

Ich aber harre dein, wo unter düstern
Weinranken, die die laue Nachluft würzen,
Mich Marmorsphynxen anseh'n weiß und lüstern,

Bis du dich nah'st, in meinen Arm zu stürzen,
Und fester nur mit deinem süßen Flüstern
Des eig'nen Lebens Räthsel mir zu schürzen.

Collection: 
1879

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