Erkenntniß

In dem reinen, höhern Streben
Sucht der Geist den Weg zur bessern Welt,
In des Herzens seligstem Erbeben,
Schwingt die Seele sich zum Sternen-Zelt.

Dort, wo Sonnen zahllos glänzen
In der großen, unermeß'nen Bahn,
Reihen funkelnd sich zu Sternen-Tänzen
Venus, Gemma und der prächt'ge Schwann;

Wo sich Allmacht endlos reget,
Ordnung thront und hohe Himmelspracht,
Die des Menschen Innerstes beweget,
Tiefdurchdrungen von des Schöpfers Macht.

Vater! alle Wesen preisen
Hier im Staube deine Herrlichkeit,
Hoch und tief in uns verhüllten Kreisen
Dehnt sich weithin aus Unendlichkeit.

Selbst der Herrscher legt die Krone,
Die zum Lohn oft herben Druck ihm beut,
Hin, und suchet Ruh' an deinem Throne,
Die nicht Diadem und Glanz ihm leih't.

Und des Sklaven Ketten lichtet
Vater aller! tröstend nur dein Wort;
Leiden werden nur durch dich geschlichtet,
Du bist einzig Duldenden ein Hort. -

Selbst das bunte Glück oft fliehet
Seiner Fährte glänzend stolze Pracht',
Läßt zurück den ird'schen Tand und ziehet,
Demuth fühlend, zu des Schöpfers Macht.

Alles Hoffen, alles Sehnen
Kehret aus dem endelosen All
Hin zu dir in stummen, sanften Thränen,
Wie in holder Freude Jubel-Schall.

Alle Leidenschaften schweigen,
Wenn die fromme Seele zu dir fleht,
Hoffnung, Liebe, Tugend, Reue beugen
Glaubend sich vor deiner Majestät.

Collection: 
1827

More from Poet

  • Du Bild der engelgleichen, sanften Güte!
    Das Liebe hehr und reizend ausgeschmückt,
    In Harmonie sprichst du zu dem Gemüthe,
    Das reine Sympathie mit dir beglückt.

    Die Grazien umschweben deine Schritte,
    Mein Auge sah bewundernd...

  • Ja! ewig im Entzücken deiner Freuden
    Möcht' ich, Natur! die trunk'nen Blicke weiden, -
    Du giebst allein dem Herzen jenen Frieden,
    Den Gottes Güte uns schon hier beschieden.

    Der milde Aether, der die Welt umschwebet,
    Uns stets...

  • Am Silber-Bach, im Schatten einer Linde,
    Wo murmelnd eilt die Well' zum stillen Teich,
    Mir Kühlung säuseln sanft im West die Winde,
    Da schmück' o Flora! mir ein kleines Reich. -

    Es kreiseln hier die munteren Forellen,
    Sich...

  • In dem reinen, höhern Streben
    Sucht der Geist den Weg zur bessern Welt,
    In des Herzens seligstem Erbeben,
    Schwingt die Seele sich zum Sternen-Zelt.

    Dort, wo Sonnen zahllos glänzen
    In der großen, unermeß'nen Bahn,
    ...

  • Gleite sanft hin Bach! an dem grünen Ufer,
    Wo der Reb-Stock prangt in der höchsten Fülle,
    Weck' ihn rieselnd uns aus des Schlummers Fessel,
    Freude dem Vater!

    Seinem Fest ertönt nun ihr Wonnelieder!
    An dem Haus-Altar, in dem...