Der schönste Kranz

Amor sprach, mein Kinn erhebend:
"Laß die Rose doch den Bienen,
Daß sie, in den süßen Kelch sich
Tief einwühlend, Honig suchen,
Laß die Schmetterlinge naschen.
Eine Blum' aus meinem Garten,
Die auf Silberfüßen herschwebt,
Will ich in den Arm dir geben.
Sieh doch an dein liebes Mädchen!
Ist ein Kranz von schönen Armen,
Innig um den Leib geschlungen,
Nicht viel schöner als von Rosen?"
'Amor, Amor, rief ich küssend,
Diese Ros' ist ohne Stacheln!'
Aber er sanft lächelnd sagte,
Mit den Flügelchen sich fächelnd,
Hoch die Augenbrauen hebend,
Nickend mit dem Lockenköpfchen:
"O, das glaub' ich, jetzt wohl, jetzt wohl!
Doch die Stacheln wirst du fühlen,
Wenn entfernt von ihr du schmachtest!"
(Band 1 S. 370)
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Collection: 
1856

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"Laß die Rose doch den Bienen,
Daß sie, in den süßen Kelch sich
Tief einwühlend, Honig suchen,
Laß die Schmetterlinge naschen.
Eine Blum' aus meinem Garten,
Die auf Silberfüßen...

Bei den Flügelchen hatt' ich Amorn,
Gleich dem Schmetterling, gefangen,
Schloß in einen ehr'nen Käfig
Ihn, der flattert' und sich sträubte!
"Sieh, nun trag' ich dich nach Hause,
Da ich endlich dich erhaschte!
Wie ein...

Bacchus zog den Amor schmeichelnd
Zu sich nieder, ließ ihn naschen
Von dem süßesten Most, und bat ihn
Um ein Weib voll Lieb' und Anmuth.
Lange ließ der Knab' ihn bitten,
Wand sich dann aus seinen Armen:
"Ei doch, sieh...

Denkt euch, neulich fand ich Amorn
Ganz unschuldig und ganz harmlos
Unter Blumen fest entschlummert,
Wie ein Käferchen die Flügel
An den Rücken dicht geschlossen.
Und ich schlich hinan und raubte
Ihm den Bogen und den...

Heute sah ich Amorn schweben
In der Luft, am lichten Tage,
Um ihn eine Schaar von Träumen,
In dem hellsten Sonnenglanze!
Er durchflog die bunten Reihen,
Als ihr König und Gebieter,
Sprach mit diesem und mit jenem,...