Ein Tadel

 
Zu deinem Lob ist alle Welt bereit.
Wem sollte nicht des ersten Blicks Entzücken
Dein süßes Bild tief in die Seele drücken?
Du Wunder aller Liebenswürdigkeit!

Wo du erscheinst, erblühet Heiterkeit;
Ein einziger von deinen süßen Blicken
Vermag den Aermsten dauernd zu beglücken;
Beschämt durch dich, erröthet selbst der Neid.

Und doch muß ich dich eines Makels zeihen,
Zu deinem Lobe auch den Tadel reihen,
Und Schatten zeigen, wo nur Licht erschien:

O Ueberreiche! der so viel beschieden;
Nimmst du nicht ungenügsam, unzufrieden,
Die Ruhe Aller, die dir nahen, hin?

Collection: 
1863

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