Jede Liebe ist voll Einsamkeit,
jede ist an die Schwelle der Schwermut gebaut,
wo des Zweifels Todesangst urwaldlaut
in die Wollust der Nächte schreit.
Alles, was der Mensch zum Menschen spricht,
ist noch tiefer als Schweigen und Totsein stumm.
Leidenschaftssturm biegt jede Zärtlichkeit krumm,
wenn er sie nicht wie ein Spielzeug zerbricht.
Jeder Spiegel des Herzens wird trüb,
in den Lauben des Glücks nächtigt Schreck.
Nirgends bleibt der Sehnsucht ein Versteck,
seine Fangarme schleudert der Alltagspolyp.
Er erhascht dich, führten dich noch so weit
Flügel des Schwärmens, von heiligen Himmeln umblaut.
Der Hochzeiter sinnt Flucht, heimlich weint die Braut:
jede Liebe ist voll Einsamkeit.
(Band 2 S. 106)
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