Ich schreibe "DU", ich sprech' es laut,
ich spür' den Herbstduft deiner Haut,
als ob du mir den Griffel lenkst,
malt er mir auf, was du jetzt denkst.
Dies Haus gleicht deinem Elternhaus,
der Mann dort mit dem Blumenstrauß
bin ich, der so zu dir einst kam,
im Wind küßt du mich wundersam,
im Wagen, der vorüber fährt,
hast du ein Stelldichein gewährt,
und wenn die Turmuhr sieben schlug,
sie mich zu deiner Liebe trug.
Das Zimmer dort im Lampenschein
ist dein und mein, für uns allein,
und unten rauscht die Großstadt fort,
die Magd tauscht mit der Magd ein Wort,
bevor sie schließt des Hauses Tor,
noch schlüpf' ich durch, zu dir empor,
wo wir in unserm Leuchtturm sind
wie Gotteskind bei Gotteskind.
Der Großstadt wildes Sintflutmeer
rauscht draußen leer, nirvanaleer:
trieb Haus und Zelt nicht längst zerschellt
in die Unendlichkeit der Welt?
Eisschollen trugen Hof und Hort
zum Orkus der Ozeane fort,
Turm ward Ruine, Trümmersand -
nur wir auf diesem Zauberland
umarmen uns, Flut flieht und flieht,
wir wissen nicht, was rings geschieht:
schwankt unser Dach, tanzt unser Stern?
Der Zimmerkäfig, die Latern',
die noch vor unserm Fenster hält,
vielleicht beim nächsten Anprall fällt,
wie schon der Baum im Garten fiel,
Plakatzaun ist der Winde Spiel,
schwand doch Balkon, barst Keller schon,
das Telefon gibt keinen Ton,
und näher sinkt der Decke Druck,
Kronleuchter stürzt und Wändeschmuck,
und Schutt der Ewigkeit begrub
Napoleon und Engelsbub.
Noch standen wir schweigend umarmt:
ob unser sich kein Tod erbarmt.
Schlug letzte Uhr, reißt Gottes Hand
hinüber uns zum andern Strand?
(Band 2 S. 55-56)
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Liebeslied vor Weltuntergang
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