Terzinen über das schmerzhafte Thema "le fiasco"

(Breslau 1913)

1
(Café "Palais")
In hellen Ringen rekeln rot und heiß
Sich Papagein, die aus der Sonne prallten -
(Der Sehnsucht Wald ist weit .. ich weiß .. ich weiß ..)

Wind wippt in Bäumen. Lichter schaukeln laß
Sich in den Wänden der Cafés, der lieben -
(Ich wollte glücklich sein - und säte Haß!)

Und wo sind deine Hände mir geblieben?
O daß sie über meiner Furcht sich falten,
Denn ach mein Stolz ward welk und irrt vertrieben!

Und Pferde, welche straucheln und vor Scheiben
Bizarr verzucken wie ein Henkersspaß,
Sind seliger als mein im Bei-Dir-Bleiben.

Verstörtes Zögern und Ich-weiß-nicht-was!
Und dies allein: ich werde dich behalten
In meinem Blute und mich dir verschreiben -

Bis in den Tod! - blüht meine Worte weiß.

2
Als ich ein Kind war, trieb in meinen Träumen
Ein Hochzeitliches, das zu Festen führte:
Und aller Wollustwonnen Inbrunst brachte.

Und wie ein Wüstling wuchs der Unberührte
In Abenteuern, nackt und ganz voll Flammen,
Die meine Knabengier zu Schauern schürte.

Und ohne jedes Ängsten und Verdammen
War ich mit Eva so im Paradies
- Mit meiner Mutter - nackt und nackt beisammen.

Und die mir ihres Leibes Wunder wies
Und mich in heilig holden Händen hielt
Und mir ihr Haar zu Bett und Brunnen ließ -

Jetzt aber bin ich so ins Weh verspielt,
Daß meine Lust wie ausgestoßen schleicht
Und sich gehetzt unechte Perlen stiehlt.

Und einem früh verstorbnen Jüngling gleicht
Und einem Fliederstrauch, der vor der Nacht
Der blauen Blütenreife jäh verbleicht:

Denn jetzt geschieht, daß in des Lebens lichten
Und reinen Räumen meine Sucht versagt
Und meine Kindheit wie ein Alp erwacht.

Und ihre Träume mir mein Glück vernichten.

3
(Kabarett "Rheingold")
O kleine Tische mit den leichten Lichtern!
O Tanz und Taumel, Lieder, Schmuck und Wein!
O süße Zuflucht den zermürbten Dichtern!

O so mit dir ganz kultiviert zu sein
Und recht entrückt verstockten Sittenrichtern,
Nicht böser Blicke Hinterlist und kein

Verstohlnes Tuscheln mehr fürchten zu müssen - -
Und dennoch immer: Laß mich nicht allein!
Und: Wird dich nie ein andrer heißer küssen?

Und: Lächle nicht dies Lächeln, das mich schlägt,
Das flimmert wie ein Abglanz von Genüssen,
Zu deren Wucht mich nie mein Lieben trägt!

Und: Gib mir gütig meinen Frieden wieder
Und meinen Nerven schmerzlos Rast und schmücke
Mit frohen Farben nochmals meine Lieder!

Denn nur in dir weiß ich von einem Glücke.
(Band 1 S. 142-144)
_____

Collection: 
1986

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...

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