Zwar, ich bin glücklich; dir dank' ich es nicht

Zwar, ich bin glücklich; dir dank' ich es nicht,
Mahnendes , trauerndes Traumgesicht.
Zwar, ich bin ruhig; die Saiten sind stumm,
Narben des Herzens sagen, warum.
Zwar ich genas; doch weh den Gesunden,
Schmerzen im Frühjahr die alten Wunden!

Wieder auf Straßen im Sonnenschein
Weiß ich dich wandeln blaß und allein,
Weiß ich dich weinen - ich sehe dich nicht,
Fühle dich nahn, wie die Blinden das Licht,
Höre dich schreiten durch mein Zimmer
Nachts im bleichen Mondesschimmer.

Nieder beugst du dich lächelnd lind,
Gleich als wolltest du küssen mein Kind,
Gleich als wolltst du mein Glück verzeihn,
Doch du lächelst so herbe voll Seelenpein,
Wendest dich stolz, und ich sehe dich beben,
Weinend und lautlos weiterschweben.

Collection: 
1882

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