Ob du mich je geliebt, ich weiß es nicht

Ob du mich je geliebt, ich weiß es nicht,
Ob Lästerzungen deine Gunst mir stahlen,
Ob du mir je gezürnt, ich weiß es nicht,
Das weiß ich nur, daß hoffnungslos die Qualen.

Ob ich den Keim zertreten unbewacht
Der leisen Neigung, die mir schüchtern blühte,
Ob du mich haßtest wie den Geist der Nacht,
Wie einen Dämon, den die Höll' umglühte,

Ich weiß es nicht. Das Eine weiß ich klar:
Daß du mir tausendmal im Traum erschienen,
Daß du mein Sein, mein Denken Jahr um Jahr
Beherrschtest, als ein Sclave dir zu dienen,

Zu dir zu beten, wie ein Kranker, wund
An Leib und Seele, betet zur Madonnen,
Daß sie ihn fröhlich mache und gesund,
So reich an Wundern wie die Frühlingssonne.

Das Eine weiß ich, daß ich nie gewagt,
Mich gegen deine Schönheitsmacht zu wehren,
Noch wie ein Mann verlangend, unverzagt
In derber Liebesglut dich zu begehren.

So löst der Zweifel sich in Trauer auf,
Daß nun die Zukunft ew'ge Trennung fodert.
Du bleibst, was du mir warst, im Lebenslauf,
So lang ein Athem diese Brust durchlodert:

Ein holdes Bild dereinst'ger Seligkeit,
Ein unerreichbar Ziel für kühnes Streben
Und eine Bürgschaft, daß im Erdenstreit
Ein Götterstrahl durchleuchte dieses Leben.

Collection: 
1882

More from Poet

Weißt du noch - in Maienmonden,
Als wir gingen unter Birken?
Heil'ges Schweigen war verbreitet
In der knospenden Natur;
Denn sie hatte still zu wirken
In den Wäldern, auf der Flur.
Tausend Wiesen an den Buchten,...

In der Kapelle war's. Beim Kerzenschein
Die Messe klang. Die Fenster aus und ein
Um hohe Säulen Schwalben zwitschernd flogen.
Zwar sprach mein Mund zu dir im Liebesschwur,
Beklommen nur, - doch in die Zukunft zogen
Beflügelte...

Die Brunnen rauschen stille,
Mein Herz, das schlägt dazu.
Kein Nachtwind kühlet die Stirne,
Kein Frieden ist süß wie du.
Die Welt liegt nun in Träumen
Von Liebe, von Lust und Leid;
Doch meine Gedanken durchwandern...

Gute Nacht und gute Nacht!
Und auch heut noch kein Geständniß.
Warum scheuchte mir die Macht
Deines Blicks ein tief Bekenntniß?
Doch schon jetzt im Windeswehn
Wachst vielleicht du auf zum Weinen,
Möchtest nun...

An der Kirchthür bin ich vorbeigegangen,
In den Linden schlief der Wind.
Ach, was mach' ich diesen lieben langen
Sonntag ohne dich, mein Kind?

An der Kirchthür sah ich fernes Leuchten,
Kerzen in der Altarpracht;
...