Laß mich weiter wandern, laß mich scheiden,
Friedlich scheiden mit des Lenzes Pracht,
Eh' die süßen Blumen sich entkleiden,
Eh' der rauhe, kalte Nord erwacht!
Meine Liebe zog in ferne Räume,
Und der Liebe zieht das Leben nach,
Ausgeträumt sind meine Lenzesträume,
Seine Lieder ruft kein Morgen wach.
Laßt mich weiter wandern, laßt mich scheiden,
Kann nur weilen, wo die Rose blüht,
Mit der Rose welken meine Freuden,
Mit der Freude stirbt der Säng'rin Lied.
- Und im Haine wird es still und traurig;
Durch die Eichenwipfel, dichtbelaubt,
Ziehen Abschiedsseufzer bang' und schaurig,
Jedes Hälmchen neigt betrübt das Haupt.
Schmetterling, als Herold abgesendet,
Hat den Trauermantel angelegt,
Zu den Blumen ist sein Flug gewendet,
Langsam naht er, ernst und grambewegt.
Läutet, ruft er, Glöcklein all' im Thale,
Hüllt ihr Blumen Euch in Trauer ein!
Bergt Euch vor dem heitern Sonnenstrahle,
Ungestörter Wehmuth Euch zu weih'n!
Nachtigall, die holde, ist gestorben,
Sie, die Stimme unsern Wonnen lieh,
Sie, die Aller Liebe sich erworben,
Sie, die Tochter süßer Harmonie.
Laßt uns still das Todtenamt vollziehen,
Und, - wie sie der Kronen schönste Zier
Unsrer Liebe, unserm Lenz verliehen:
Weiht die schönsten, reichsten Düfte ihr!
aus: Gedichte von Agnes Franz
Zweite Sammlung Essen 1837