Wer nennet mir das zarte Band,
Von Engeln gewoben mit leiser Hand,
Unsichtbar jedem Menschenblick,
Doch fest und wahr wie des Himmels Glück? -
- Still schmiegt sich's um die Menschenbrust,
Zieht Seele an Seele unbewußt;
Kann keiner die dunkle Gewalt auch erklären:
Er muß ihrem heiligen Zuge gewähren.
Wer schließt des Blickes Macht mir auf,
Von der Seele steigend zum Aug' hinauf?
Das Wort, so dunkel und doch so wahr
Wie ein Schwur, verbürgt von der Engel Schaar?
- Still fällt er in des Herzens Grund,
Giebt seine Allmacht der Seele kund;
Was keine Sprachen der Sterblichen nennen,
Kann Liebe im Blicke der Liebe erkennen.
Wer deutet mir das Morgenroth,
Das Leben wecket aus Nacht und Tod?
Der Hoffnung ersten Schimmer - so süß
Wie Engels Grüße vom Paradies? -
- O, wem der selige Aufgang gelacht,
Wem die Liebe geleuchtet in seine Nacht:
Durch alle Himmel, durch alle Zeiten
Wird Sehnsucht nach ihr die Flügel breiten.
aus: Gedichte von Agnes Franz
Zweite Sammlung Essen 1837