Erzähle mir.
Geflüchtet aus des Tages Lärmen,
Erfüllt von Sehnsucht nur nach dir,
Ich komme, Kind, mit dir zu schwärmen.
Erzähle mir.
In deiner Locken dunklem Schleier,
An deinem Busen ruh' ich hier
Und athme wieder froh und freier.
Erzähle mir,
Was dich als Ahnung heut' durchschauert,
Und als Gebet und Sehnsucht dir
Die Brust durchjubelt und durchtrauert?
Erzähle mir:
Hast du den Himmel dir betrachtet?
Und "schöner glänzt", gedacht bei dir,
"Mein Auge, wenn es zärtlich schmachtet."
Erzähle mir,
Wenn du gehört ein Lied erklingen,
Hast du nicht stolz gedacht bei dir:
"Mein Liebling kann noch schön're singen?"
Erzähle mir,
Ergriff dich niemals noch Entzücken,
Daß Geist dir ward, der Schönheit Zier,
Weil beide mich so süß beglücken?
Erzähle mir!
"Du küssest nur, mein Kind. Erzähle!"
""Erzähl' ich nicht im Kusse dir
Die Weltgeschichte meiner Seele?""
Erzähle mir!
Und ende nimmer die Erzählung:
Wie selig, weltvergessen wir
Uns freu'n in inniger Vermählung.
Erzähle mir!
aus: Gesammelte poetische Werke
von Ludwig August Frankl
Erster Band
Wien Pest Leipzig A. Hartleben's Verlag 1880 (S. 72-73)