Der Bube und sein ungetreues Mädchen

"Du bist nicht heiter, liebes Kind!
O sage mir, o sag' geschwind,
Was hat dein Herz betroffen?
Und ist es dir verboten nicht,
So sprich, bevor mein Herz mir bricht,
Läßt mich das deine hoffen?"

Das Mädchen wandte sich von ihm
Und lacht' und schlug mit Ungestüm
In's Schloß das Gartenpförtchen. -
"Wer hat's dem Dirnlein angethan?
Sie sieht dich kaum von weitem an,
Und hat für dich kein Wörtchen." -

Und früh am andern Morgen eilt
Zum Haus er, wo sein Liebchen weilt;
Da sieht er - Gott Erbarmen! -
Ein Roß vor wohlbekannter Thür;
Ein blanker Ritter tritt herfür
Und hält die Maid in Armen,

Drückt auf den Mund ihr einen Kuß
Und schwingt mit feur'gem Liebesgruß
Sich auf sein Roß behende.
Der arme Bube steht und schaut.
"Weh, weh du ungetreue Braut!"
Und faltet still die Hände.

Drauf schleicht er durch das Thor und sprach:
"Das hatte gestern Abend ach!
Ihr Lachen zu bedeuten.
Ein Reitersmann, der hat ihr Herz;
Geh, trag' zu Fuß du deinen Schmerz
Weithin zu andern Leuten!" (Band 1, S. 365-366)

Collection: 
1843

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