Du sagst von einem trauten Plätzchen,
Wo Quellgemurmel, Blätterrauschen -
So recht geschaffen, um der Muse
Die hellsten Töne abzulauschen,
So recht geheimnißvoll und stille,
Wie die Natur sie selten feit,
Ein Fleckchen Erd' dünkts dir, dem Sänger
Und Dichter eigens wohl geweiht.
Und meinest, dorten müßten Lieder
Gleich dutzendweise uns erstehen,
Und die poetischen Gedanken
Aus jedem Hauch entgegen wehen?
Doch wie so hold auch dem Gesange
Ist Waldesstill' und Blättergrün,
Es ist doch meist auf anderm Boden,
Daß uns're besten Lieder blüh'n.
Hat die Natur auch manchen Zauber,
Ist ihr auch mancher Reiz beschieden,
Der tiefste und der wahrste wurde
Dem Menschen doch allein hienieden.
Wo er dir naht im Lauf des Lebens
Mit seiner Lust, mit seinem Schmerz,
Sein wechselvolles Schicksal greifet
Dir wundermächtig an das Herz.
Und mehr als Sonnenschein da draußen,
Als Blumenduft und Vögellocken,
Kann seine Freude dich berauschen,
Sein Leid die Thräne dir entlocken.
Denn wie Metall Metall muß rühren,
Damit der Glockenton erklingt,
So muß das Herz das Herz berühren,
Damit es seine Liebe singt.
Sei's mit begeistert kräft'gem Schwunge,
Sei's durch der Seele stilles Beben,
Ob laut, ob leis, wie angeschlagen
Wird seinen Ton es wiedergeben.
Und wie viel mehr sind nicht der Lieder
Oft nur durch einen Blick erwacht,
Als durch viel lange Lenzesstunden
Voll Blättergrün und Waldespracht!