Wenn eine Liebe du im Herzen
Genährt, gepflegt in langer Treu',
Und dann erfährst mit tausend Schmerzen,
Wie undankbar oft Lieben sei: -
Dann wachen auf all' die Gedanken,
Die dich dem langen Wahn geeint;
Dann brennen wieder alle Thränen,
Die Thränen, die umsonst geweint.
Und wie das Herz sich dünkt verlassen,
Empfindet's plötzlich tief empört,
Wie viel der besten seiner Stunden
Nur einem flücht'gen Bild gehört.
Und alle Tage, dem gewidmet,
Wie scheinen nutzlos sie entweiht:
Ein Stück des Lenzes und des Lebens,
Verlor'ne, ach, verlor'ne Zeit!
Und wenn ein Werk du kühn ersonnen,
Das dich ergriff mit ganzer Macht;
Wenn ernstlich du es dann begonnen,
Und manches Opfer ihm gebracht;
Wenn muthig du dafür geduldet,
Mit tausend Müh'n darnach gestrebt,
Daß sich dein ganzes Träumen, Hoffen,
Dein ganzes Sein hineingewebt:
Und dann, wenn die Vollendung nahet,
Du siehst, daß alles eitel Schaum,
Daß deine Mühen nichts erreichten,
Daß die Erfüllung leerer Traum.
Dann stehst du da, geknickt, gebrochen,
Und klagst mit reuevollem Leid:
Die Tage und die Stunden alle,
Verlor'ne, ach, verlor'ne Zeit!
Doch tröste dich, es lag verborgen
In beiden ja ein edler Trieb,
Der, sei es heute, sei es morgen,
Noch niemals unbelohnet blieb.
Denn sieh', du hast im Kampf des Herzens
Die kalte Selbstsucht abgestreift;
Und ist dein Werk auch nicht gediehen,
So ist dein Geist daran gereift.
O weis' nicht von dir diese Gaben,
Die schon so manchen Schmerz geweiht;
Es hat durch sie ja Gottes Gnade
Gesegnet die verlorne Zeit.
Verlorene Zeit!
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