Das Glück

Nach Edgar Allan Poe

Es zog vom Schloß
Ein Ritter zu Roß
Durch's Land hin mit lachendem Blick,
Mit wogender Brust,
Mit Liedern voll Lust,
Zu suchen, zu suchen das Glück!

Zuletzt ward er alt,
Sein Herz, ach, so kalt,
Und trüb' und gebrochen sein Blick.
Und nirgend er fand
Das wonnige Land,
Und nirgend, und nirgend das Glück!

Sein Muth, seine Kraft,
Erstorben, erschlafft,
Nur Dunkel und Nacht vor dem Blick!
Zum Schatten er fleht,
Der zur Seite ihm geht:
"Wo finde, wo find' ich das Glück?" -

"Hinter'm Berge dicht,
Wo das Mondenlicht
In's Thal schaut mit frostigem Blick,
Reit' hin, reite zu,
Dort find'st du die Ruh,
Ein Kreuzlein, ein Grab, und das Glück!" -

Aus: Tropfen im Ocean
Dichtungen von Eufemia Gräfin Ballestrem
Dresden C. Pierson's Buchhandlung 1878

Collection: 
1878

More from Poet

  • Sylvesterglocken! Sie tönen
    So hell durch die kalte Luft,
    Sie läuten das Jahr zu Grabe
    Mit Weihnachtstannenduft.

    Sie klingen mir tief in die Seele
    Und wecken Erinn'rung darin -
    Ihr Klingen und Tönen und Klagen,...

  • Am Tage Allerseelen
    Fiel still der erste Schnee -
    Da war's im Sinn mir trübe,
    Im Herzen bang und weh!

    Am Tage Allerseelen
    Ging ich den Berg hinab,
    Und legte frische Blumen
    Im Friedhof auf ein Grab.

    ...
  • Mir träumte einst von Neujahrsglockenklang,
    Er stieg wie Jubelklang empor zur Höh', -
    Der Fluß lag still in flimmernd Eis gebannt,
    Und Wald und Flur bedeckte tiefer Schnee!
    Und aus des Winters Flockenbett hervor,
    Im kalten, öden...

  • Ein Bild aus der Rococozeit

    Abend war's! Der Mond schien flüchtig
    Durch des Parkes Laubgewirre.
    Quellen rauschen
    Und es lauschen
    Vöglein in der grünen Irre.

    Lautlos lag das graue Schlößchen,
    D'...

  • Du gabst mir einen kleinen Strauß
    Orangenblüten, duftumflossen,
    Dazwischen prangt' ein Myrthenreis, -
    O ihr Gedanken, Glück, entsprossen!

    Der Volksmund sagt: "Orangenduft
    Vereint mit Myrth' zu heißem Werben,
    Thut...